Auch nach Votum der Verkehrsminister für Änderungen am Entwurf bleiben Meinungen geteilt

Weiter Streit um Bahnprivatisierung

Auch nach dem einstimmigen Votum der Verkehrsministerkonferenz für erhebliche Änderungen am Gesetzentwurf zur Bahnprivatisierung bleibt die Diskussion um die Regierungspläne kontrovers. Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) verschärfte seine Kritik an den Privatisierungsplänen.
Florian Opitz ist Dokumentarfilmregisseur und hat sich in seinem wirtschaftskritischen Dokumentarfilm "Der große Ausverkauf" unter anderem mit der Privatisierung der Bahn in England befasst. Im domradio berichtet er von seinen Eindrücken während der Dreharbeiten in England.

 (DR)

Der Steuerzahler müsse nach Expertenmeinung heute dreimal soviel für die private Bahn zahlen als zu Zeiten der früheren staatlichen Bahn, erklärt Opitz.
Gleichzeitig wären Versprechen wie beispielsweise die Verbesserung des Service nicht eingelöst worden.
"Auch effektiver ist das Ganze durch die Privatisierung nicht geworden", findet Opitz.
Die Privatisierung habe sich in England als Negativ-Beispiel par excellence herausgestellt.
Als Folge habe sich sogar eine Reihe von Unfällen ereignet, die eindeutig auf die Privatisierung zurückzuführen seien.
"Es hat sich eine große Profit-Gier entwickelt. Die Leute, die bis dahin das Streckennetz gewartet haben sind entlassen worden und durch billige Arbeitskräfte ersetzt worden", so Opitz. Schienenbrüche und große Unfälle waren das Resultat.
"Man kann nur hoffen, dass uns so etwas hier nicht droht", sagt Opitz.

Trennung von Netz und Betrieb - "die bessere Version"
Durch den Entwurf von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) werde der Wettbewerb auf der Schiene nicht sichergestellt, kritisierte Wittke. "Wir brauchen aber Wettbewerb, wenn wir niedrige Preise und gute Qualität haben wollen." Aus seiner Sicht wäre eine klare Trennung von Schienennetz und Bahnbetrieb der Königsweg, sagte er.

Auch Klaus Lippold (CDU), Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag, sprach sich für eine völlige Trennung von Netz und Betrieb aus. Dieser Weg wäre "sicherlich die bessere Version gewesen", sagte Lippold im Deutschlandfunk. Die Bedenken der Länder seien berechtigt, betonte der CDU-Politiker. Auch bei den Bundestagsabgeordneten bestünden nach wie vor "ganz erhebliche Bedenken". Unter anderem befürchteten viele Parlamentarier, dass durch die Privatisierung Bundeseigentum "an Heuschrecken verschleudert" werde. "Es muss noch ganz erheblich nachgebessert werden, wenn es mit diesem Entwurf etwas werden soll", forderte Lippold.

Unter anderem müsse sichergestellt werden, dass das Schienennetz am Ende der vereinbarten Zeit zurück an den Bund gehe - "zu Konditionen, die nicht über den Konditionen liegen, zu denen er verkauft hat". Wenn es keine Erlösprognose gebe, könne es sein, dass ein Immobilienvermögen von geschätzten 130 Milliarden Euro für eine Größenordnung von 4 bis 8 Milliarden Euro verkauft werde. "Das kann es nicht sein", sagte Lippold.

Unterstützung bekam das Privatisierungsmodell dagegen von Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Dietrich Austermann (CDU). "Das Privatisierungskonzept des Bundes ist ein vertretbarer Kompromiss", sagte Austermann der "Passauer Neuen Presse" (Freitagausgabe). Die Pläne Tiefensees beendeten die Endlosdebatte um die Trennung von Netz und Betrieb. Das Modell ermögliche den Börsengang der Bahn. "Damit ergibt sich die Möglichkeit, Kapital zu erhalten, um mehr in die Infrastruktur der Bahn investieren zu können", sagte Austermann. Er betonte, dass es über die Regionalisierungsmittel möglich sei, auch die Strecken im ländlichen Raum zu bestellen. Zudem sei die Bahn verpflichtet, das Streckennetz zu erhalten.

Die Landesverkehrsminister hatten am Donnerstag in einem einstimmigen Beschluss erhebliche Änderungen an den Regierungsplänen zur Teilprivatisierung der Bahn gefordert. Tiefensee beabsichtigt, im kommenden Jahr ein Fünftel bis ein Viertel der Bahn-Anteile in private Hände zu geben. Bereits vor dem Beschluss der Verkehrsminister hatten mehrere Länder heftige Kritik an dem Gesetzentwurf geäußert. Auch Industrieverbände und Verbraucherschützer hatten erhebliche Bedenken angemeldet.