Union ist gegen Gabriels Vorstoß zur Abschaltung alter Meiler

Streit um Nutzung alter Atomkraftwerke

Nach den Zwischenfällen in den norddeutschen Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel ist in der großen Koalition ein Streit um die Nutzung alter Atommeiler entbrannt. Die Pläne von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, alte AKW früher vom Netz zu nehmen und die Beweislast bei Sicherheitsprüfungen umzukehren, stoßen in der Union auf Widerstand.

 (DR)

"Nicht Alter entscheidet, sondern Sicherheit"
"Alle Kraftwerksbetreiber unter Generalverdacht zu stellen, weise ich zurück", sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU). Er halte nichts von Gabriels Vorschlag zur Beweislastumkehr. "Auch die Pläne für einen noch schnelleren Atomausstieg lehne ich ab", sagte Kauder und fügte hinzu: "Nicht Alter entscheidet, sondern Sicherheit."

Dagegen stieß die SPD-Forderung nach einer Beweislastumkehr bei den Grünen auf Zustimmung. Fraktionschefin Renate Künast betonte, sie stehe einer Beweislastumkehr bei der AKW-Sicherheit nicht ablehnend gegenüber. Es dränge sich immer mehr der Eindruck auf, dass der AKW-Betreiber Vattenfall die Öffentlichkeit bewusst getäuscht habe. Der Kieler Atomaufsicht warf sie mangelhafte Kontrollen vor. "Angesichts der Mängelliste von Brunsbüttel hätte schon länger entschiedener gehandelt werden können." Dem Energiekonzern müsse die Lizenz zum Betrieb von AKW entzogen werden.

Der Bund Naturschutz (BN) warnte vor Sicherheitsdefiziten bei den Atomkraftwerken in Bayern. "Drei der fünf Reaktoren sind baugleich mit Krümmel", sagte der BN-Landesvorsitzende Hubert Weiger. Sowohl das Atomkraftwerk Isar I in Niederbayern als auch die Blöcke B und C in Gundremmingen in Schwaben seien Siede-Reaktoren. "Hier gibt es nicht weniger Störfälle als in Krümmel und Brunsbüttel", betonte Weiger. "Der Unterschied ist nur, sie sind nicht so öffentlich sichtbar wie der Brand."

Mehrheit der Deutschen gegen längere Nutzung
Eine Mehrheit der Deutschen lehnt eine über 2021 hinausgehende Nutzung der bestehenden Kernkraftwerke ab. Laut ZDF-Politbarometer vom Freitag sprachen sich 54 Prozent der Befragten gegen eine längere Nutzung der Atommeiler aus. Im März hatten 49 Prozent dagegen votiert. Nur noch 39 Prozent wollen die Atomkraftwerke länger nutzen als es bisher gesetzlich geregelt ist. Im März waren es 44 Prozent.

Angesichts der Umfragewerte forderte der energiepolitische Sprecher der Links-Fraktion, Hans-Kurt Hill, dass das mögliche Abschalten alter Kraftwerke keine Laufzeitübertragung auf jüngere Atommeiler nach sich ziehen dürfte.
Am 28. Juni wurden die AKW Krümmel und Brunsbüttel per Schnellabschaltung heruntergefahren. Im AKW Krümmel hatte nach einem Kurzschluss ein Transformator gebrannt. Wenige Tage später wurde bekannt, dass es bei der Abschaltung zu Missverständnissen zwischen dem Schichtleiter und dem Reaktorfahrer kam. Auch das AKW Brunsbüttel ist derzeit wegen Abweichungen an Dübelplatten im Sicherheitssystem vom Netz.

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