Staatsanwaltschaft durchsucht AKW Krümmel

Vattenfall in Bedrängnis

Rund zwei Wochen nach den Vorfällen in den schleswig-holsteinischen Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel gerät der Betreiberkonzern Vattenfall Europe weiter in die Defensive. Per Durchsuchungsbeschluss verschafften sich die Ermittler der Staatsanwaltschaft am Freitag Zugang zum AKW Krümmel. Der BUND kündigte eine Strafanzeige gegen den Energiekonzern an.

 (DR)

"Die Sicherheit der Bevölkerung geht vor Gewinninteressen"
In Geesthacht ließ die Staatsanwaltschaft Lübeck Leitstand und Büroräume des Atommeilers Krümmel durchsuchen. Hintergrund ist der Brand eines Transformators am 28. Juni, bei dem Rauchgase in den Leitstand des Kraftwerks eingedrungen waren. Nach Ansicht der Ermittler ist nicht auszuschließen, dass der Reaktorfahrer "Anzeichen einer Rauchvergiftung" erlitten hat. Dies könne in strafrechtlicher Hinsicht den Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung erfüllen. Vattenfall hatte die Nennung der Personalien des Mannes zuvor verweigert. Die Staatsanwaltschaft will den Reaktorfahrer als Zeugen vernehmen.

Politisch steht auch die für die Reaktoraufsicht zuständige Landessozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) in der Kritik. FDP und Grüne forderten im Kieler Landtag ihren Rücktritt. Grünen-Fraktionschef Karl-Martin Hentschel betonte in einer Landtagsdebatte, sein Vertrauen in die Reaktoraufsicht des Landes sei zerstört. Trauernicht habe es versäumt, dem Betreiber konkrete Auflagen zu geben. Nach Ansicht des FDP-Abgeordneten Heiner Garg haben bei der Information der Öffentlichkeit "sowohl Vattenfall als auch Ministerin Trauernicht versagt".

Trauernicht selbst kündigte an, die durch das Atomgesetz gegebenen Handlungsspielräume voll ausschöpfen zu wollen. "Ich lasse mich auch durch Drohungen mit Schadensersatzansprüchen nicht davon abhalten, bestmögliche Sicherheit von Vattenfall zu verlangen", sagte die Ministerin. Die Sicherheit der Bevölkerung gehe vor Gewinninteressen des Unternehmens.

Strafanzeige des BUND
Unklar sei beispielsweise noch immer, warum sich während des Brands im AKW Krümmel 20 bis 25 Menschen in der Steuerwarte aufhielten, sagte Trauernicht. Vattenfall sei für Montag zu einem aufsichtsrechtlichen Gespräch nach Kiel geladen worden. Dabei sollen auch der Reaktorfahrer, der Schichtleiter und zwei weitere verantwortliche Mitarbeiter des AKW Krümmel befragt werden.

Die BUND-Landesvorsitzende Sybille Macht-Baumgarten begründete die Strafanzeige gegen Vattenfall mit dem Anfangsverdacht einer nachträglichen baulichen Veränderung an dem AKW. Nach Ansicht des BUND hätte es Ende Juni "nicht zu einer Schnellabschaltung des Reaktors kommen dürfen". Außerdem bestehe der Verdacht, dass im AKW Krümmel gegen "einschlägige Sicherheitsvorschriften" verstoßen wurde.