Polen: Druck auf Redemptoristenorden wegen Radio Maryja wächst

"Joseph Goebbels mit Priesterkragen"

Im Skandal um die Beleidigung des polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski wächst der Druck auf den Redemptoristenorden. Kaczynski nannte am Dienstag in Warschau die angeblich vom Chef des Kirchensenders Radio Maryja, Pater Tadeusz Rydzyk, gehaltene Schmährede ein "ernstes Problem". Es müsse zwischen dem Staat und dem Redemptoristenorden behandelt werden. Rabbi Marvin Hier vom Simon-Wiesenthal-Zentrum nannte Rydzyk einen "Joseph Goebbels mit Priesterkragen".

 (DR)

Der Präsident schränkte ein, bislang stehe noch nicht fest, ob auf den vom Nachrichtenmagazin "Wprost" im Internet veröffentlichen Tonaufnahmen tatsächlich Rydzyk zu hören ist. "Wenn die Aussagen stimmen, heißt das, dass Pater Rydzyk zum dritten Mal das Staatsoberhaupt und seine Frau beleidigt hat", so Kaczynski. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum forderte Papst Benedikt XVI. auf, den Ordensmann wegen antisemitischer Äußerungen zu suspendieren.

"Betrüger, der sich der jüdischen Lobby fügt"
Rydzyk soll bei einem Vortrag im April in einer Journalistenschule in Torun (Thorn) den Präsidenten als "Betrüger, der sich der jüdischen Lobby fügt", beschimpft haben. Juden hätten sich daraufhin "Milliarden Dollar erschlichen". Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Öffentliche Beleidigung des Staatsoberhaupts kann in Polen mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden.

Die Warschauer Provinz der Redemptoristen hatte am Montag ein Gremium gebildet, das sich mit den Vorgängen befassen soll. Rydzyk selbst warf den Medien am Montagabend in Radio Maryja Manipulation vor: "Wir befinden uns in der Mitte eines Zyklons, weil wir uns beim Teufel sehr unbeliebt gemacht haben."

Polens Regierungschef verteidigte Radio Maryja
Der polnische Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski, Bruder von Lech, hatte den Rundfunksender Radio Maryja noch 2006 vor Antisemitismus-Vorwürfen in Schutz genommen. Mitte der 90er Jahre habe es dort vielleicht öfter antisemitische Tendenzen gegeben, doch gegenwärtig sei das "wirklich nicht mehr der Fall", sagte im August. Niemand müsse sich Sorgen über
Antisemitismus in Polen machen.

Der Sender war mehrfach wegen fremdenfeindlicher und antisemitischer Äußerungen in die Kritik geraten und vom Vatikan wegen seiner Einmischung in die Politik verwarnt worden. Kaczynski sagte, wenn sich während der zahlreichen Telefonaktionen des Senders Hörer mit antisemitischen Äußerungen zu Wort meldeten, würden sie sofort von den geistlichen Moderatoren unterbrochen.

Polens Regierungschef unterstrich, im Gegensatz zu anderen
Staaten habe das Land keine Tradition der Verfolgung und verfüge zudem über hervorragende Beziehungen zu Israel. Auch Homosexuelle würden in Polen nicht verfolgt. Schon 1932 sei die Strafbarkeit der Homosexualität abgeschafft worden, früher als in den meisten anderen europäischen Staaten. Gegenwärtig gebe es sehr viele Persönlichkeiten in hohen Ämtern, die homosexuell seien.