Marco W. bleibt in Haft - Kirchengemeinde in Heimat betet weiter

"Wir sind alle sehr enttäuscht"

Mit Bestürzung ist in der Uelzener Kirchengemeinde St. Petri die Nachricht aufgenommen worden, dass der Prozess gegen Marco W. in der Türkei am Freitag vertagt wurde. Medienberichten zufolge bleibt der 17-Jährige aus Uelzen weiter in Antalya in Untersuchungshaft. Die Verhandlung soll voraussichtlich erst am 8.
August fortgesetzt werden.

 (DR)

"Eine Einmischung in juristische liegt uns allen fern"
"Wir sind alle sehr enttäuscht", sagte der Kirchenvorstandsvorsitzende Hubertus Förstel am Freitag.

Zuvor hatten im niedersächsischen Uelzen rund einhundert Menschen in einem Fürbitt-Gottesdienst für den in der Türkei inhaftierten jungen Mann und seine Familie gebetet. "Viele Menschen in unserer Gemeinde und in unserer Stadt kennen Marco gut", sagte Pastorin Susanne Holsing in der St.-Petri-Kirche, in der der Jugendliche konfirmiert wurde, am Donnerstagabend. "Eine Einmischung in juristische oder politische Fragen liegt uns allen fern", sagte die Pastorin in der Andacht. Es gehe darum, Fürbitte zu halten. Marco wisse davon und sei dankbar für die Anteilnahme.

Der Leiter der evangelischen Familienbildungsstätte Uelzen, Thomas Garbers, betete für Marcos Familie und für "gute Gedanken" der Entscheidungsträger in der Türkei, damit allen Beteiligten Gerechtigkeit widerfahre. Marcos Eltern engagieren sich nach seinen Angaben seit Jahren in der Bildungsstätte und der Kirchengemeinde.

Im Altarraum der Kirche zündeten Besucher Kerzen an und sprachen persönliche Gebete für den Jugendlichen, der seit zwölf Wochen in Haft sitzt. Aufgrund des großen Medieninteresses hatte der Kirchenvorstand der St.-Petri-Gemeinde Bild- und Tonaufnahmen in der Kirche vor und während der Andacht untersagt. Die Andacht solle einen geschützten Rahmen bieten, hieß es. Die Kollekte in dem Gottesdienst kommt Marcos Familie zugute, die hohe Reise- und Anwaltskosten zu tragen hat.

Marco W. bleibt nach Prozess-Vertagung bis August in U-Haft
Der Prozess gegen den 17-jährigen Marco W. aus Uelzen im türkischen Antalya ist am Freitag vertagt worden. Der nächste Verhandlungstermin wurde Medienberichten zufolge für den 8. August anberaumt, hieß es. Bis dahin müssten angesichts der Kompliziertheit des Falls weiter medizinische Unterlagen gesammelt werden. Marco W. müsse daher weiter in Untersuchungshaft bleiben. Eine Freilassung selbst auf Kaution habe das Gericht wegen Fluchtgefahr abgelehnt.

Der Schüler muss sich wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs einer 13-jährigen Britin verantworten. Marco W. war am 12. April im türkischen Urlaubsort Side festgenommen worden, nachdem die Eltern des Mädchens Anzeige gegen ihn erstattet hatten. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.
Der Uelzener Rechtsanwalt von Marcos Familie, Jürgen Schmidt, werde sich erst am Nachmittag zu den neuesten Entwicklungen in dem Fall äußern, hieß es aus dessen Kanzlei.

Kritik aus Berlin im Vorfeld
Marco W. gibt zu, mit dem Mädchen, das er in einer Disco im Touristenort Side kennengelernt hatte, geflirtet und geschmust zu haben. Sie habe sich ihm gegenüber jedoch als 15-Jährige ausgegeben. Die Engländerin behauptet dagegen, er habe sie sexuell bedrängt, während sie schlief. Vergewaltigt habe er sie aber nicht.

Marco W. teilt sich im Untersuchungsgefängnis in Antalya eine Zelle mit 30 weiteren Gefangenen. Die Haftbedingungen waren im Vorfeld des Prozesses von deutscher Seite aus heftig kritisiert worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatten sich in den Fall eingeschaltet. Vorige Woche hatte die türkische Justiz in dem Fall eine Nachrichtensperre verhängt.