Brot für die Welt: Kantinen der Kirche sollen zum "Gläsernes Restaurant" werden

Weltpolitik mit der Haushaltskasse

"Heute bringen sich in Indien pro Tag 54 Kleinbauern um", beklagt Rechtsanwalt Rajendra Sail. "Ihre Ernte verbrennen sie auf den Feldern." Vom Verkauf ihrer Früchte könnten die Landwirte nicht mehr leben. Die meisten Lebensmittel gebe es in den Supermärkten deutlich billiger, importiert aus Europa und den USA. Gemeinsam mit Brot für die Welt engagiert sich Sail für indische Kleinbauern.

 (DR)

Agrar-Subventionen abschaffen
Der indische Rechtsanwalt Sail will nun Druck ausüben auf die indische Regierung. Diese müsse die Kleinbauern besser vor ausländischer Konkurrenz schützen. Von den Kirchen in Deutschland erhofft er sich dabei Unterstützung. Im Juni reiste er eigens zum evangelischen Kirchentag nach Köln, um gemeinsam mit "Brot für die Welt" für dieses Ziel zu werben. Die Hilfsorganisation finanziert seit vielen Jahren sein Projekt "Raipur Churches Development", mit dem er die Situation der indischen Kleinbauern verbessern will.

Nicht nur in Indien, auch in vielen anderen Ländern Asiens und Afrikas hungern heute ausgerechnet jene Menschen, die Nahrungsmittel produzieren. Lediglich in zehn Prozent aller Fälle ist das auf Missernten, Naturkatastrophen oder Kriege zurückzuführen. "Hunger ist die Konsequenz unserer Welthandelspolitik", sagt die Direktorin von "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel. Die derzeitige Menge an Nahrungsmitteln reiche durchaus aus, um zwölf Milliarden Menschen - also das Doppelte der Weltbevölkerung - zu versorgen.

Niemand isst für sich allein
Mit ihrer Kampagne "Niemand isst für sich allein" will die evangelische Hilfsorganisation darauf aufmerksam machen, dass der globale Handel mit Nahrungsmitteln und die Ernährungsgewohnheiten in engem Zusammenhang stehen. "Wir brauchen dringend einen Wandel im Handel", fordert Füllkrug-Weitzel.

Dazu gehöre der Patentschutz etwa von Saatgut, das große Agrarkonzerne aufkauften, um es dann wieder teuer an Bauern zu verkaufen. Auch die Subventionierung der EU-Überschüsse müsse gestoppt und den Entwicklungsländern erlaubt werden, sich durch Zölle zu schützen, verlangt die Entwicklungsexpertin.

Gläsernes Restaurant
"Brot für die Welt" appelliert an die deutschen Verbraucher, "Politik mit dem Warenkorb zu machen". "Wir wollen die Menschen hierzulande dazu bewegen, bewusster und gerechter zu essen," sagt Sprecherin Anja Wieland. Sie sollten möglichst regionale und saisonale Produkte aus ökologischem Anbau oder fair gehandelte Waren einkaufen.

Dass dieses "gerechte und gesunde Essen" nicht teuer, aber sehr lecker sein kann, beweist die Initiative "Gläsernes Restaurant". "Mit unserem Projekt zeigen wir, dass die Ernährungs- und Agrarwende möglich ist", sagt Projektleiter Jobst Kraus von der Evangelischen Akademie Bad Boll. Rund tausend Gäste pro Tag besuchten laut Kraus das Gläserne Restaurant auf dem Kirchentag, um für zehn Euro Bio-Lebensmittel aus fairem Handel zu essen.

"Das Bewusstsein für eine verantwortungsvolle Ernährung nimmt zu", beobachtet der Projektleiter. Er wünscht sich, dass die Kantinen evangelischer Häuser die Idee des "Gläsernen Restaurants" übernehmen. "Immerhin werden dort 400 Millionen Euro pro Jahr für Lebensmittel ausgegeben", rechnet Kraus vor.