Zwangsheirat: Anonyme Online-Beratung für Betroffene

"Ihre Freiheit - seine Ehre"

Zwangsheirat in Deutschland ist immer häufiger ein öffentliches Thema und die Notwendigkeit der Auseinandersetzung wird immer offensichtlicher. Doch vielen betroffenen Frauen fehlt der Mut, sich an öffentlicher Stelle Hilfe zu holen. Jetzt hat das Bielefelder Mädchenhaus eine Online-Beratung eingerichtet. Für die Betroffenen eine sinnvolle Alternative zu anderen Beratungsformen - denn Internet macht anonym.

 (DR)

Die Bundesregierung sehe umfassenden Handlungsbedarf, was die Zwangsheiraten in Deutschland betrifft. Ziel ist es, das Problem wirksam zu bekämpfen und die Opfer zu unterstützen. Zurzeit gebe das Familienministerium bereits Informationsmaterial an Jugendliche heraus. Mehrere Arbeitsgruppen in Bund und Ländern befassten sich mit dem Thema.

Darunter auch die Bielefelder Online-Beratung. Sie will jungen Frauen und Mädchen einen unkomplizierten Weg zur Hilfe bieten. Das Internet ermögliche auch Mädchen, die unter Beobachtung ihrer Familie stehen, einen Zugang.
Unter www.zwangsheirat-nrw.de erhielten sie in unterschiedlichen Sprachen Rat und Hilfe, hieß es. Vermittelt würden auch sichere Unterkünfte. Die Internetseite zeige zudem weitere Hilfen und Handlungsoptionen auf. Träger ist das Bielefelder Mädchenhaus.

Leben wie im Mittelalter
Die Berliner Anwältin Seyran Ates hat Zwangsheiraten und Ehrenmorde mitten in Deutschland angeprangert. Viele muslimische Frauen lebten hier zu Lande wie im Mittelalter, kritisierte die türkisch-stämmige Frauenrechtlerin beim evangelischen Kirchentag in Köln. Es gehöre zum Alltag islamischer Frauen, dass sie von ihren Familien eingesperrt würden. "Auf diese Traditionen werde ich so lange hinweisen, bis sie endlich abgeschafft sind", so die Juristin.

Auch NRW-Integrationsminister Armin Laschet (CDU) hat Zwangsverheiratungen scharf verurteilt und mehr Aufklärung angemahnt. "Niemand hat das Recht, einem anderen Menschen durch psychischen Druck oder sogar körperliche Gewalt eine bestimmte Lebensführung aufzuzwingen", erklärte Laschet am Sonntag in Bielefeld.

Laschet: Mit falschen Rollenbildern aufräumen
Laschet hält einen Mentalitätswechsel für eine wirksame Verhinderung für notwendig. Zwangsverheiratungen seien ein eklatanter Verstoß gegen das Grundgesetz. Die in unterschiedlichen religiösen und ethischen Gruppen verbreiteten erzwungenen Eheschließungen seien Ergebnis überkommener Ehrbegriffe. "Es ist an der Zeit, antiquierte patriarchalische Strukturen zu durchbrechen und mit einem falschen Rollenbild aufzuräumen", betonte Laschet.

Eine vergangene Woche im Bundestag durchgesetzte Reform des Ausländerrechts soll Zwangsheiraten in Deutschland nun eindämmen.