NRW: Städtetag und Wohlfahrtsverbände fordern Korrekturen am neuen Kinderbildungsgesetz

"Optimale Förderung" oder Qualitätsabbau?

Der Städtetag Nordrhein-Westfalen hat Korrekturen am neuen Kinderbildungsgesetz (KiBiz) gefordert. Nach der ersten Lesung des Gesetzes im Düsseldorfer Landtag kritisierten die Städte am Mittwoch, das Land unterstelle "unrealistische Elternbeiträge". Die Wohlfahrtsverbände befürchten Qualitätsabbau. NRW-Familienminister Armin Laschet (CDU) hat die Kritik zurückgewiesen. Das KiBiz sei kein Spargesetz, sondern ein "kindgerechtes Gesetz mit einer kindgerechten Finanzierung".

 (DR)

Die Familien finanzierten derzeit nicht 19 Prozent der Kosten, wie die Landesregierung annehme, sondern nur etwa 13 Prozent, so der Städtetag. Das müsse im Gesetzgebungsverfahren "dringend behoben werden", verlangte der Städtetag. Auch die Förderung der Familienzentren sei "völlig unzureichend". Die Einrichtungen sollen pro Jahr jeweils 12.000 Euro erhalten.

Der Städtetag forderte das Land auf, mit den Kirchen verbindliche Regelungen zu treffen, "damit die kirchlichen Träger angesichts ihres künftig geringeren Finanzierungsbeitrags keine finanziellen Sonderregelungen vor Ort" verlangen. Außerdem müssten die Kirchen das bestehende Betreuungsangebot vor Ort aufrechterhalten, forderten die Städte.


Laschet: NRW "Land der neuen Chancen für Kinder"
Laschet verteidigt das KiBiz. Damit werde NRW zum "Land der neuen Chancen für Kinder". SPD und Grüne warfen der Landesregierung vor, mit dem neuen Gesetz den bundesweiten Ausbau der Betreuung für unter Dreijährige voranzubringen, ohne dabei mehr Geld für die Kitas auszugeben. Das KiBiz basiere auf "Taschenspielertricks", kritisierte Andrea Asch (Grüne). Die Landesregierung habe im Haushalt 2006 rund 150 Millionen Euro bei den Kitas gekürzt, die sie ihnen für das kommende Jahr wieder zur Verfügung stelle. Davon müssten aber der reduzierte Trägeranteil der Kirchen und die Familienzentren noch finanziert werden.

"Eltern und Erzieherinnen fühlen sich durch das neue Gesetz verhöhnt", sagte Britta Altenkamp (SPD). Die Abschaffung der Landeszuschüsse bei den Elternbeiträgen zwinge viele Kommunen zu einer Erhöhung der Beiträge. Außerdem werde es zu Entlassungen beim pädagogischen Personal kommen. "Bei tariflichen Lohnsteigerungen werden sich viele Einrichtungen überlegen, ob sie die älteren Erzieherinnen noch beschäftigen können."

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di rechnet mit einer "dramatischen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen". Durch die Einführung von gestaffelten Betreuungszeiten, die Eltern jedes Jahr neu wählen könnten, müssten die Träger flexibel reagieren, sagte Fachreferentin Martina Peil dem epd. Mehr Teilzeitstellen und weniger feste Arbeitsplätze seien die Folge.

Wohlfahrtsverbände: Konsens aufgekündigt
Die Wohlfahrtsverbände sehen ihren mit dem Ministerium erzielten Konsens über das KiBiz im vorgelegten Gesetzentwurf aufgekündigt. In einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung kritisierten sie "Qualitätsabbau, Arbeitsplatzabbau auf Kosten der Kinder, steigende Elternbeiträge und ungerechte Risiken für Träger und Einrichtungen".

Familienminister Laschet bedauerte, dass die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege den erzielten Konsens "einen Tag vor der Lesung des Gesetzes aufgekündigt haben". Die sechs Verbände hätten der Finanzierung zuvor weitgehend zugestimmt. Der Generalsekretär der NRW-FDP, Christian Lindner kritisierte, die Wohlfahrtsverbände würden ihrer eigenen Verantwortung nicht gerecht, "für den erzielten Konsens auch im eigenen Lager zu werben". Ihre Argumente für die Ablehnung des Gesetzes seien "vorgeschoben" und "fadenscheinig".