Entschädigungszahlung an NS-Zwangsarbeiter beendet

Fast 4,4 Milliarden Euro ausgezahlt

Mit zehn Millionen Zwangsarbeitern hatten die Nazis ihre Kriegswirtschaft aufrecht gehalten. Die Entschädigung der vom Nazi-Regime ausgebeuteten Zwangsarbeiter ist jetzt abgeschlossen. Das Kuratorium der Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" hat nach sieben Jahren offiziell das Ende der letzten großen Entschädigungsleistung Deutschlands bekannt gegeben. Aus diesem Anlass lädt Bundespräsident Horst Köhler am Dienstag zu einer Feierstunde ins Schloss Bellevue ein.

 (DR)

Seit Beginn der Auszahlungen 2001 erhielten laut Stiftung 1,665 Millionen ehemalige Zwangsarbeiter oder ihre Rechtsnachfolger Zahlungen von 4,37 Milliarden Euro. Die Opfer erhielten einmalig zwischen 2500 und 7500 Euro.

Die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" war im Jahr 2000 ins Leben gerufen worden. Damals drohten deutschen Unternehmen Verurteilungen und hohe Entschädigungszahlungen. Man einigte sich mit den Opferverbänden auf eine Stiftung, die die Entschädigung leisten sollte.

Katholische Kirche entschädigte Zwangsarbeiter selbst
Die katholische Kirche trat der Stiftung nicht bei. Sie entschädigte "ihre Zwangsarbeiter" selbst und suchte, anders als die Bundesstiftung, aktiv nach ehemaligen Zwangsarbeitern. Die meisten waren in der Landwirtschaft, der Pflege und kirchlichen Einrichtungen tätig. Die gut 500 noch lebenden Menschen bekamen je 5000 DM. Bereits vor zwei Jahren hatte Kardinal Lehmann die Ergebnisse vorgestellt.

Rehabilitation der Zwangsarbeiter
Die meisten Nazi-Opfer leben in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Der scheidende Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Michael Jansen, betonte, die Leistungen hätten nicht nur in Deutschland, sondern gerade auch in mittel- und osteuropäischen Staaten zu einer Rehabilitierung der Zwangsarbeiter beigetragen. Es sei nicht um umfassende Wiedergutmachung, aber doch vielfach um wirksame materielle Hilfe gegangen. Jansen betonte, man könne angesichts der Umsetzung der Zahlungen auch wagen, von einem politischen Erfolg zu sprechen.

Auszahlungen reibungslos verlaufen
Der Chefunterhändler der Bundesregierung zur Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern, Otto Graf Lambsdorff, sieht nach Abschluss der individuellen Auszahlungen den Rechtsfrieden gewährleistet. Es gebe keine Rechtsansprüche mehr gegen Deutschland oder deutsche Unternehmen, sagte Lambsdorff der Zeitung "Die Welt" (Dienstagausgabe) laut Vorabbericht. Er sei erleichtert, dass die Auszahlung völlig reibungslos verlaufen sei. "Es ist kein Geld verschwunden, und die Entschädigungen sind offenkundig dort angelangt, wo sie hinsollten, nämlich bei den Opfern", sagte Lambsdorff.

Bei den früheren Zwangsarbeitern hätten Dankbarkeit und Zustimmung überwogen, sagte er. Einige wenige hätten sich jedoch geweigert, Geld aus Deutschland anzunehmen, oder die Zahlung als zu gering kritisiert. "Dafür muss man Verständnis haben", sagte Lambsdorff. Auch die Reaktionen in Deutschland seien fast ausnahmslos positiv gewesen.

Die Zukunft der Stiftung
Der künftige Vorstand der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" wird aus dem Vorsitzenden Martin Salm und Günter Saathoff bestehen. Für die Förderung internationaler Projektvorhaben stehen jährlich rund acht Millionen Euro aus den Zinserträgen des Stiftungskapitals zur Verfügung. Salm nannte als Aufgabe der Stiftung neben der Erinnerung an die NS-Opfer, Gefährdungen von Demokratie und Menschenrechten in der Gegenwart engagiert entgegenzutreten.