Erste Begegnung Bushs mit Benedikt XVI. dauerte eine halbe Stunde

Ein Präsident beim Papst

Betont herzlich und mit vielen Gemeinsamkeiten trotz mancher bestehender Differenzen verlief die erste Begegnung von Papst Benedikt XVI. mit US-Präsident George W. Bush. Einen Tag nach dem G-8-Gipfel von Heiligendamm kam Bush zu einem Arbeitsbesuch nach Rom, vor allem aber in den Vatikan. Die Begegnungen mit der italienischen Staats- und Regierungsspitze waren eher protokollarisch.

 (DR)

Eine gute halbe Stunde lang machten der Papst und der gläubige Christ Bush eine Tour d'horizon durch die internationale Politik. Im Vordergrund standen Themen, die der Kirche und der Vatikan-Diplomatie besonders am Herzen liegen: Nahost, vor allem der israelisch-palästinensische Konflikt, der Libanon, der Irak und die kritische Situation der dortigen Christen. Benedikt XVI. habe mit Nachdruck eine Verhandlungslösung für die Konflikte und Krisen der Region angemahnt, hieß es im anschließenden Kommunique. Man habe aber auch über die Probleme Afrikas gesprochen, insbesondere über Darfur. Schließlich ging es bei der Audienz um aktuelle moralische und religiöse Grundsatzfragen wie Menschenrechte und Religionsfreiheit, Lebensschutz, die Förderung von Ehe und Familie, die Erziehung der künftigen Generationen und auch um eine nachhaltige Entwicklung.

Wirkten der Papst und vor allem sein Gast zu Beginn noch etwas angespannt, zeigten die TV-Bilder nach dem Vier-Augen-Gespräch einen strahlenden Papst und einen gelöst wirkenden US-Präsidenten. Bush, der den Papst amerikanisch-unkompliziert mit "Sir" titulierte, stellte zunächst die First Lady vor: Laura Bush erschien in schwarzem Kostüm und schwarzem Kopfschleier.
Dann kam die übrige Delegation: Botschafter, Mitarbeiter, Berater. Benedikt XVI. schenkte seinem Gast einen alten Kupferstich des Petersdoms, Bush revanchierte sich mit einem bunt bemalten Häuptlingsstab aus Texas, auf dem die Zehn Gebote dargestellt sind.

Es war nicht der erste Vatikan-Besuch von Bush junior. Drei Mal traf er mit Johannes Paul II. zusammen; zudem nahm er an dessen Totenmesse teil. Auch der Kontakt mit Benedikt XVI. scheint dem US-Präsidenten gegen Ende seiner Amtszeit wichtig, gerade mit Blick auf die über 50 Millionen US-Katholiken. Mit dem Papst verbinden Bush zwar viele Moralfragen, Lebens- und Familienschutz. Dennoch ist das Verhältnis des Heiligen Stuhls zur westlichen Weltmacht belastet, spätestens seit dem Irak-Krieg 1991, den der Vatikan entschieden ablehnte.

Trotz vieler Entspannungsbemühungen hat es sich bis heute nicht recht erholt. Daher war eine neue Begegnung von Papst und Präsident fällig. Denn gerade bei seinen diplomatischen Top-Themen - Heiliges Land, Libanon, Christen im Irak, Kampf gegen Hunger und Unterentwicklung in Afrika - setzt und hofft der Vatikan auf die USA. Umgekehrt weiß Bush um den Einfluss und die Ausstrahlung des Papstes als moralische Weltautorität. Bislang gibt es noch keine Bestätigung, ob der Präsident den Papst in die USA eingeladen hat. Man hörte jedoch, Bush wolle das Kirchenoberhaupt unbedingt noch in seiner Amtszeit in der Heimat begrüßen. Eine Rede vor der UNO in New York, zu der Generalsekretär Ban Ki Moon Benedikt XVI. eingeladen hat, wäre ein Anlass.

Der Bush-Besuch in Rom fand unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Der Luftraum war gesperrt, Polizeihubschrauber kontrollierten die neuralgischen Punkte. Am Ende einer weit gehend friedlichen Demonstration am Samstagnachmittag mit einigen zehntausend Bush-Gegnern kam es dann zu gewaltsamen Ausschreitungen mit Verletzten und zerbrochenen Fensterscheiben. Aus Sicherheitsgründen hatte Bush da bereits seinen geplanten Besuch bei der römischen Basisgemeinschaft Sant'Egidio im engen Stadtteil Trastevere abgesagt. Ganz verzichten wollte er auf das Treffen mit der "katholischen UNO von Trastevere" nicht: Er lud sie zum Gespräch in die US-Botschaft.