Zum G8-Gipfel in Heiligendamm - Stichwort: Kirche und G8-Gipfel

domradio-Dossier

Das Thema G8 ist fast täglich in der Diskussion, mal geht es um die Sicherheitsmaßnahmen, mal um Kerzenaktionen, dann wieder um ominöse Hedge-Fonds. Doch wie gehört das alles zusammen? Das domradio-Dossier will helfen, im G8-Dschungel den Überblick zu bewahren. Dazu will das Dossier die Fragen beantworten: "Die Gruppe der Acht - Wer ist das?", "Ein Blick auf die Agenda - Was sind die Themen in Heiligendamm?", "Kirche und G8 - Was bewegt die Kirche an dem Spitzentreffen?" und "Kirche vor Ort - Was sind die Aktionen rund um den G8-Gipfel?"

 (DR)

"Macht weiter - zum Wohl der Welt" mit diesen Worten hatte sich Papst Benedikt XVI. zwar an eine entwicklungspolitische Initiative von Kardinälen und Bischöfen gewandt, aber damit lässt sich auch seine Position zum Thema Globalisierung beschreiben.

Papst Benedikt XVI.
Bereits im vergangenen Jahr hatte sich Papst Benedikt XVI. in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel gewandt. Benedikt setzt große Hoffnung in die deutsche Schirmherrschaft beim G8-Treffen und so forderte er Merkel auf, sich für einen vollständigen Schuldenerlass der armen Länder stark zu machen. Nur so könnten sich die dortigen Volkswirtschaften erholen. Und nur so gäbe es eine Chance, größeren Teilen der Weltbevölkerung einen Weg aus der Armut zu ermöglichen. Der Papst unterstützte ausdrücklich die Delegation von Kardinälen und Bischöfen, die zu den europäischen G8-Mitgliedern im Vorfeld des Weltwirtschaftsgipfels gereist war, um dort für die Armen Lobbyarbeit zu leisten. Bereits in der Vergangenheit hatten die G8-Länder vor allem auf Initiative von Nichtregierungs- und christlichen Organisationen einigen Ländern Schulden erlassen.

Deutsche Bischofskonferenz
Mit einem Wunsch wandte sich Kardinal Lehmann, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) wenige Tage vor Beginn des G8-Gipfels an den Papst: eine Enzyklika, also ein Rundschreiben an alle Bischöfe, zum Thema Globalisierung solle Benedikt verfassen. "Wir sind ja eine Weltkirche und haben hier einiges aus eigener Erfahrung in der Diskussion beizutragen", sagte der Mainzer Kardinal in einem Zeitungsinterview.

Bei anderen Gelegenheiten hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz an die deutsche Verantwortung in Afrika appelliert. Ein Hirtenbrief der Bischofskonferenz aus Zimbabwe hatte im März große Betroffenheit unter den deutschen Bischöfen ausgelöst. Die Bischöfe forderten von Europa "echte Entwicklungspartnerschaften" mit den armen Regionen der Welt und einen "tatkräftigen Einsatz" im Kampf gegen die weltweite Massenarmut.  Dazu gehört für die DBK auch, dass die Europäische Union ihre Märkte besonders für die ärmeren Nationen und deren Produkte öffnet, so der Tenor einer Erklärung zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung der römischen Verträge.

Als weitere Herausforderung für die Gruppe der Acht sieht die DBK den Klimawandel. Dieser sei eine globale Aufgabe und bedrohe den Schutz der Schöpfung insgesamt. Nach Ansicht der DBK habe sich Europa früher als andere Teile der Welt für die Notwendigkeit des Klimaschutzes sensibilisiert, darum müssten gerade die europäischen Mitglieder der Gruppe der Acht gemeinsam bei internationalen Treffen für den Schutz des Klimas eintreten.

Katholisches Büro in Berlin
Das katholische Büro als Kontaktstelle zwischen der deutschen Regierung der Bischofskonferenz fühlt sich mit seinen Sorgen wahrgenommen. Das betonte der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten im domradio-Interview. Die Kirche sei in Fragen, die die Entwicklungshilfe betreffen, sehr präsent, allein durch die Arbeit der Hilfswerke, aber auch durch die vielen Eine-Welt-Läden in den Gemeinden, sagte Jüsten bei einer Tagung des deutschen Zentralkomitees der Katholiken in Bonn Bad Godesberg. Als besonders erfolgreich wertete Jüsten auch die Delegation internationaler Bischöfe, die mit ihren Forderungen unter anderem auch vor Bundespräsident Horst Köhler trat.

Katholische Hilfswerke
Die vielgelobte Delegation, bestehend aus Kardinälen und Bischöfen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und den G8-Staaten, war auf Einladung von Misereor und anderen kirchlichen Entwicklungsorganisationen zusammengekommen. Bei einer Europatour übernahmen die Delegierten quasi die Lobbyarbeit für die Armen und appellierten an die Verantwortung der G8-Regierungen. In Deutschland breiteten die internationalen Bischöfe ihr Anliegen nicht nur vor Bundespräsident Horst Köhler aus, sondern auch vor Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und Finanzminister Peer Steinbrück.

Den Kirchenvertretern geht es vor allem darum, die Entwicklungsländer stärker an Entscheidungen zum Welthandel und zur Armutsbekämpfung teilhaben zu lassen. Außerdem forderten sie von den Vertretern der Bundesregierung ein größeres Engagement in der Bekämpfung von Korruption. "Als Christen tragen wir in unseren jeweiligen Heimatländern Mitverantwortung für eine gerechte Gesellschaft", sagte Werner Thissen, der verantwortliche Bischof für das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor. Der kongolesische Erzbischof Laurent Monsengwo warnte während des Delegationsbesuches vor falschen Versprechungen: "Was für die Menschen letztlich zählt, sind keine großartigen Versprechen, sondern spürbare Verbesserungen" und erinnerte an die bereits versprochene Unterstützung der Millenniumsziele. "Stellen Sie sicher, dass Ihr Versprechen, bis zum Jahr 2015 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit zu verwenden, wirklich gehalten wird", sagte Erzbischof Monsengwo.

Weitere Besuche stattete die Delegation Tony Blair in London ab sowie dem italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi. Bei einer Audienz im Vatikan fand Papst Benedikt XVI. warme Worte für die internationale Delegation: "Macht weiter - zum Wohl der Welt".

Die evangelische Kirche
Parallel zum G8-Gipfel findet in Köln der 31. evangelische Kirchentag vom 6.-10. Juni statt. Eines der Hauptthemen wird dabei auch die Globalisierung sein. In verschiedenen Arbeitsgruppen und Aktionen diskutieren die Teilnehmer des Kirchentages über weltweite Problemherde und die globale Verantwortung. "Die Macht der Würde" ist dabei das Motto. Am 7. Juni ist dazu auch eine Großveranstaltung neben dem Kölner Dom geplant. Von dort aus soll ein "Ruf an den G8-Gipfel" gerichtet werden. Daran beteiligen sich neben Bischof Wolfgang Huber, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, unter anderem auch der anglikanische Erzbischof Desmond Tutu aus Südafrika sowie Vertreter der globalisierungskritischen Organisation Attac.

"Die Globalisierung ist kein Schicksal, keine Naturgewalt, die wie ein gewaltiger Sturm über die Erde fegt, sondern eine politische Gestaltungsaufgabe", meint Kirchentagspräsident Reinhard Höppner. Darum fordert Höppner die Verantwortlichen des G8-Gipfels dazu auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Den Marktkräften müssten Rahmenbedingungen gesetzt werden, welche die Würde des Menschen bewahrten.

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