Wichtige Daten zur Befreiungstheologie

"Vorrangige Option für die Armen"

Die am Donnerstag (Ortszeit) zu Ende gehende Vollversammlung des der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik hat die "vorrangige Option der Kirche für die Armen" bekräftigt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert wichtige Daten der Auseinandersetzung um diese theologische Strömung.

 (DR)

1960er Jahre: Wurzeln der Befreiungstheologie liegen in der prekären sozialen Lage Lateinamerikas. In vielen Ländern entstehen "Basisgemeinden", die die Kirchenhierarchie in Frage stellen und die Anliegen der Armen in den Mittelpunkt stellen.

1966: Camilo Torres, kolumbianischer Priester und Revolutionär, wird im bewaffneten Kampf erschossen.

1968: Die Bischöfe Lateinamerikas bezeichnen bei ihrem Treffen in Medellin/Kolumbien die "Option für die Armen" als Maßstab kirchlichen Handelns.

1970: Erstes Symposium über "Theologie der Befreiung" in Bogota.

1971: Der Peruaner Gustavo Gutierrez veröffentlicht sein Buch "Theologie der Befreiung".

1979: Lateinamerikas Bischöfe bekräftigen in Puebla/Mexiko die "Option für die Armen". Johannes Paul II. predigt Solidarität mit den Unterdrückten, betont aber, ein Verständnis von Christus als Revolutionär sei nicht mit kirchlicher Lehre vereinbar. In Nicaragua werden drei Priester zu Ministern der Revolutionsregierung, die 1990 bei freien Wahlen scheitert.

1980: Der Erzbischof von San Salvador, Oscar Romero, eine der Symbolfiguren der Befreiungstheologie, wird ermordet.

1983: Als Präfekt der Glaubenskongregation kritisiert Kardinal Joseph Ratzinger die Theologie von Gustavo Gutierrez.

1984: Den Befreiungstheologen Clodovis Boff und Antonio Moser wird die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen. Kritik an Leonardo Boff wegen seines Buches "Kirche: Charisma und Macht". Der Vatikan verurteilt den "marxistischen Ansatz" dieser Theologie.
Eine erste Instruktion der Glaubenskongregation unter Kardinal Ratzinger über "einige Aspekte der 'Theologie der Befreiung'"
warnt vor Abweichungen in Fragen des Glaubens.

1986: Zweite Instruktion der Kongregation für die Glaubenslehre "über die christliche Freiheit und die Befreiung".

1989: In El Salvador werden der jesuitische Befreiungstheologe Ignacio Ellacuria, fünf seiner Mitbrüder sowie zwei Hausangestellte ermordet.

1990: In Haiti wird der Befreiungstheologe Jean-Bertrand Aristide Präsident; wenig später stürzen ihn Militärs. Eine zweite Amstzeit des Ex-Priesters endet 2004 im Chaos.

1992: Leonardo Boff verlässt den Franziskanerorden. Er fordert grundlegende Reformen der Kirche. Die neuen sozialen Bewegungen der Globalisierungskritiker werden von Befreiungstheologen inspiriert.

1997: Die Glaubenskongregation gibt die Exkommunikation des srilankischen Befreiungstheologen Tissa Balasuriya bekannt; ein Jahr später wird er wieder in die Kirche aufgenommen.

2007: Der Vatikan erklärt einige Thesen des in San Salvador lehrenden Befreiungstheologen Jon Sobrino für abweichend von der kirchlichen Lehre. Die im brasilianischen Aparecida tagende Vollversammlung der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik bekräftigt die "vorrangige Option der Kirche für die Armen" und betont die Verantwortung jedes einzelnen Christen, seinen Glauben in der Welt zu leben und zu verbreiten.