Holland: TV-Sender will auf fehlende Organspenden aufmerksam machen - Empörung garantiert

Niere als Hauptgewinn

In den Niederlanden will der öffentlich-rechtliche TV-Sender BNN in einer großen Live-Show als Hauptpreis eine Niere vergeben. In der Show soll eine todkranke Frau aus drei Kandidaten einen Empfänger für ihre Niere wählen. Spenderin ist die 37 Jahre alte Lisa, die an einem unheilbaren Gehirntumor erkrankt ist. Zuschauer können sich per sms an der Wahl beteiligen. Das Format löst in weiten Kreisen der Gesellschaft große Empörung aus.

 (DR)

Ärzte und Transplantationsorganisationen äußerten scharfe Kritik. Die christdemokratische Regierungsfraktion forderte ein sofortiges Verbot des Formats. Der Mediensprecher der Fraktion, Joop Atsma, nannte die Show "falsch und verwerflich". Die "Große Spender Show" wird von dem TV-Produktionsunternehmen Endemol produziert und am 1. Juni um 20.30 Uhr ausgestrahlt werden.

Sender überzeugt von Spender-Show
Der Vorsitzende des Senders von BNN, Laurens Drillich, zeigte Verständnis für die heftigen Reaktionen, verteidigte die Produktion aber gegenüber Kritikern. Das Warten auf ein Spenderorgan sei tatsächlich für viele Patienten "eine Lotterie"- so der BNN-Vorsitzende. Man dürfe die schockierende Wirklichkeit auf dem Gebiet der Organspende nicht vergessen.

Nicht nur negative Reaktionen
Der niederländische Kultur- und Bildungsminister Ronald Plasterk hat zwar im Hinblick auf die bevorstehende Ausstrahlung ein "mulmiges Gefühl im Magen", dennoch befürwortet er die Absicht des Senders BNN, auf Probleme im Bereich der Organspende aufmerksam zu machen. Auch der linksliberale Abgeordnete Boris van der Ham weist auf den Aspekt der Aufklärung hin: "BNN und andere Sender haben das Recht, zynisch oder ironisch zu sein, wenn sie damit eine nützliche Diskussion in Gang bringen. Es geht daher zu weit, die Show schon vorab als unethisch zu bezeichnen."

Deutschland: Vorwurf mangelnder Kooperation an Krankenhäuser
Nach einer Statistik der deutschen Stiftung für Organtransplantation warten in Deutschland rund 12 000 Menschen auf eine lebensrettende Organspende, davon 10 000 auf eine Niere. Krankenhäusern wird von der Bundesärztekammer mangelnde Unterstützung der Organspende vorgeworfen, sie seien unter anderem zu zurückhaltend bei der Meldung potentieller Spender. Mit stärkerem Engagement der Krankenhäuser könne sich die Zahl der Spender verdoppeln, so die Kritik.

Deutschland liegt weit zurück - Zu wenig Aufklärung
Die Deutschen sind im EU-Vergleich bei Organspenden relativ zurückhaltend. 46 Prozent der Bundesbürger seien bereit, unmittelbar nach ihrem Tod ein Organ zu spenden, geht aus einer am Mittwoch in Brüssel vorgestellten Eurobarometer-Umfrage hervor. Damit liegt Deutschland unter 25 europäischen Ländern nur an 21. Stelle.

Durch verschiedene Aktionen, wie etwa dem Tag der Organspende soll Aufmerksamkeit und Aufklärung für dieses sensible Thema geschaffen werden.

Die Bereitschaft zur Organspende wachse mit der Informiertheit und der Intensität der öffentlichen Debatte, betonte EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou. Er schlug vor, einen europäischen Organspende-Ausweis einzuführen und EU-weit die Sicherheitsstandards zu erhöhen. Im nächsten Jahr werde es einen EU-Gesetzesvorschlag dazu geben, sagte Kyprianou.

Ob ein solches Format wie "Die große Spender Show" einen ethisch und moralisch vertretbaren Beitrag dazu leisten kann, bleibt umstritten.