Dialog mit Muslimen hat Tradition beim Protestantentreffen

Kirchentag in "Hauptstadt" des Islam

Lebendig und kräftig und schärfer: Das biblische Motto des Evangelischen Kirchentages in Köln gilt auch für den christlich-islamischen Dialog bei dem Protestantentreffen. Besonders lebendig wird der Austausch, weil er im Zentrum des Islam in Deutschland stattfindet - alle islamischen Dachverbände haben ihre Bundeszentrale in der Domstadt. Vor allem ein Positionspapier der Evangelischen Kirche in Deutschland sorgt für Zündstoff.

 (DR)

Der Vorwurf: Abgrenzung auf Kosten der Muslime
Die muslimischen Verbände gossen jetzt weiteres Öl ins Feuer, indem sie ihre Kritik an dem EKD-Papier in scharfen Worten bekräftigten. Sie werfen der evangelischen Kirche Abgrenzung und Profilierung auf Kosten der Muslime vor. In der Ende November veröffentlichten Handreichung "Klarheit und gute Nachbarschaft" hatte die EKD deutlicher als bisher Unterschiede zwischen Christentum und Islam hervorgehoben.

Die islamischen Verbände sagten daraufhin einen Gesprächstermin mit der EKD ab. Am kommenden Mittwoch sollen nun beide Seiten in Mannheim miteinander reden. Auf dem Kirchentag in Köln wollen gut eine Woche später der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Ayyub Axel Köhler, gemeinsam über die Frage diskutieren: "Wie hältst du's mit der Religionsfreiheit?".

Der Dialog als ein Hauptthema
Kirchentagssprecher Rüdiger Runge erwartet, dass der Dialog zwischen den Religionen neben Globalisierungsfragen zu den Hauptthemen der Großveranstaltung gehören wird.

Bei der Vorstellung des Kirchentagsprogramms bezeichnete der Präses der gastgebenden rheinischen Landeskirche, Nikolaus Schneider, das Gespräch mit dem Islam als dringende Notwendigkeit. Christen und Muslime sollten sich darüber verständigen, wie die friedensstiftende Kraft von Religion wirksam werde, betonte Schneider, der auch dem Rat der EKD angehört.

Lange Tradition
Die Begegnung mit Muslimen hat bei den Kirchentagen eine lange Tradition. Seit 1989 bereiten Vertreten beider Religion gemeinsam Veranstaltungen vor. In diesem Jahr wird im "Zentrum Begegnung mit Muslimen" unter anderem über Anforderungen in der Krankenhausseelsorge und das Alltagsleben von Muslimen zwischen Misstrauen und Akzeptanz diskutiert. Zwei Moscheen laden Kirchentagsbesucher zum Freitagsgebet mit deutscher Predigt ein.
Darüber hinaus nehmen im "Abrahams-Zentrum" auch jüdische Vertreter am Gespräch teil.

"Dieser Dialog ist auf dem Kirchentag ein fester Bestandteil, der seit Jahren gepflegt wird", sagt Bekir Alboga, Dialogbeauftragter der Türkisch-Islamischen Union (DITIB) und Kirchentagsveteran. Das gemeinsame Programm schaffe eine Basis dafür, "dass hohe Würdenträger als gleichberechtigte Vertreter von Religionsgemeinschaften auf Augenhöhe aufeinander treffen können." Auch nach Runges Ansicht ist die lange Zusammenarbeit eine gute Gesprächsgrundlage: "Es gibt eine Vertrauensbasis, um auch über strittige Themen offen zu sprechen."

"Was ist mir noch heilig?"
Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, erwartet eine lebhafte Debatte zum Thema "Was ist mir noch heilig?". Ein Jahr nach dem Streit um die Mohammed-Karikaturen sei das Verhältnis zwischen Pressefreiheit und dem Respekt vor religiösen Gefühlen noch immer spannungsgeladen.

"Ich habe den Dialog auf den Kirchentagen immer als kritisch und konstruktiv empfunden", sagt Mazyek. Kritik, das interreligiöse Gespräch sei nur ein belangloser Kuscheldialog, weist Mazyek zurück: "Wer so etwas behauptet, der war bei den vergangenen Kirchentagen nicht dabei."