Kirche und Muslime: Dialog geht trotz Differenzen weiter

Reichlich Klärungsbedarf

Die evangelische Kirche und die Muslime in Deutschland wollen ihren Dialog trotz weiter bestehender Meinungsverschiedenheiten fortführen. Zum Dialog gebe es keine Alternative, sagten übereinstimmend Spitzenvertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und des Koordinierungsrats der Muslime (KRM) am Mittwochabend vor Journalisten in der Mannheimer Yavuz-Sultan-Selim-Moschee. Im domradio-Interview nannte Wolfgang Thielmann vom Rheinischer Merkur die Konfliktpunkte des Treffens. Der Journalist zeigte sich aber ganz optimistisch Das Verhältnis sei so belastbar, dass man auch unbequeme Dinge ansprechen könne, sagte Thielmann im domradio.

 (DR)

Die Differenzen über das im November vorgelegte Positionspapier der EKD zum Verhältnis von Christen und Muslimen wurden nach Darstellung von Gesprächsteilnehmern nicht beigelegt. Vergangene Woche hatte der KRM kritisiert, dass das Dokument viel Vertrauen zerstört und die Scharfmacher auf beiden Seiten gestärkt habe. Es handele sich um ein Dokument der Abgrenzung und die Wiedergabe von Klischees. In Mannheim wiederholten Vertreter der Muslime, der Islam erkenne sich in der Handreichung nicht wieder. Sie äußerten die Hoffnung, dass das Dokument nicht unverändert bleibe.

Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, sagte, das Papier habe dem Dialog gedient und nicht geschadet. Das Mannheimer Gespräch habe mehr Substanz gehabt als frühere Dialoge. Der frühere Synodenpräses der EKD und Verantwortliche für die Handreichung, Jürgen Schmude, betonte, es handle sich bei dem Positionspapier um keine abschließende Beurteilung, sondern um einen Anstoß, vertiefte Antworten auf Fragen zu finden. Wenn Gründe für Änderungen gefunden würden, könne es auch solche geben.

Der KRM-Vorsitzende Ayyub Axel Köhler sprach die Hoffnung auf einvernehmliche Lösungen aus. Nicht Streit, sondern Wettstreit sei gefragt. Er schlug die Gründung einer gemeinsamen Kommission vor, die sich mit dringenden gesellschaftlichen Problemen beschäftigen solle. Huber sagte dagegen, bevor eine solche Kommission eingerichtet werde, solle geprüft werden, welche bestehenden Instrumente es gebe. Nach Hubers Worten hat der christlich-muslimische Dialog Zukunft, wenn Besorgnis erregende Entwicklungen beim Namen genannt würden. So habe man bei dem Gespräch unter anderem über die konkrete Gestalt der Religionsfreiheit in muslimischen Ländern gesprochen. Nach Ansicht der evangelischen Kirche müsse Religionsfreiheit die Möglichkeit eines Religionswechsels mit einschließen.

Köhler plädierte auch für einen Trialog von Juden, Christen und Muslimen. Eine solche Öffnung des Gesprächs könnte eine Chance für ein friedliches Zusammenleben sein. Huber betonte hierzu, dass es zwischen Christen und Juden ein "ganz besonderes Verhältnis" gebe. Bilaterale Gespräche blieben weiterhin wichtig.

Das aktuelle Treffen war das dritte Spitzengespräch nach Januar
2005 und März 2006. Einlader der Begegnung in Mannheim war der Anfang April gegründete Koordinierungsrat, zu dem sich der Zentralrat der Muslime, der Islamrat, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) zusammengeschlossen haben. Das nächste Gespräch werde in einem Jahr oder früher auf Einladung der EKD stattfinden, hieß es.