Pfarrer Meurer im domradio zur Islam-Kritik Giordanos

"Integration ist machbar"

Der Kölner Pfarrer und "Alternative Ehrenbürger" Franz Meurer hat den Vorwurf des Publizisten Ralph Giordano zurückgewiesen, die Integration des Islam sei gescheitert. "Das wäre furchtbar - wir müssen Integration durchführen", sagte Meurer im domradio-Interview am Freitag. Dafür müsse man "einander kennen lernen" und gegenseitig die "Identität stärken". Dennoch bezeichnete er Giordanos Aussagen als guten Anstoß.

 (DR)

"Es kommt darauf an, sich gegenseitig wahrzunehmen"
Für den Pfarrer der Kölner Stadtteile Höhenberg und Vingst gibt es keine friedliche Alternative zur Integration. Moscheen seien dafür erforderlich, sie seien nicht der Grund für Islamismus. Man dürfe Muslime nicht nur in Kellern und Nebengebäuden ihren Glauben feiern lassen. Ein positives Beispiel für gelungene Integrationsarbeit sei die Zusammenarbeit in seiner Gemeinde mit "aufgeklärten, modernen und sehr gut ausgebildeten" Imamen. "Es kommt darauf an, sich gegenseitig wahrzunehmen."

Giordano habe allerdings mit seinem Hauptvorwurf an den Islam Recht, wenn man ihn als Frage des Bewusstseins deute: "Es herrscht nicht das Bewusstsein, dass Muslimsein bedeutet: Demokratie, Partizipation, die Bedeutung anderer Religionen akzeptieren. Hier ist ein großer Nachholbedarf." Für Christen sei es normal, dass die Gemeinden vor Ort in vielen Bereichen selbständig agierten und es verschiedene Arten der Entscheidungsfindung gebe.

"Konfessionen von innen her kennen lernen"
Allerdings sei es auch nicht immer leicht, anderen den Katholischen Glauben zu vermitteln: "Wenn es darum geht: Warum gibt es das Zölibat? Warum dürfen Frauen nicht Priester werden. Das ist auch ein schwieriges Unterfangen. Denn dann muss man der Religion näher treten und die Konfession von innen her kennen lernen."

Meurer sorgte im März für bundesweite Aufmerksamkeit, als er die Sonntagskollekte seiner Gemeinden für den Bau der Kölner Moschee spendete. Damals bezeichnete er die Spende als "Geste der Verbundenheit mit den Muslimen in Köln". Er verwies darauf, dass die Moschee und die Gemeindekirche vom selben Architekten gebaut wurden.

Giordano: Die Integration ist gescheitert
Die Errichtung der Moschee sei ein "falsches Signal", sagte der Publizist und Holocaust-Überlebende Ralph Giordano am Mittwochabend im Internetfernsehen des "Kölner Stadt-Anzeigers". Die Integration des Islam sei gescheitert, betonte Giordano in einem Streitgespräch mit dem Dialogbeauftragten des türkisch-islamischen Dachverbands Ditib, Bekir Alboga.

Giordano bekundete sein Unverständnis darüber, dass bei einem solchen Großprojekt und dem "Religionsausdruck einer anderen und fremden Kultur" nicht das Einverständnis der Bevölkerung eingeholt werde. Es gebe "kein Grundrecht auf den Bau einer zentralen Großmoschee". In der Türkei würde es nicht so friedlich zugehen wie in Deutschland, wenn dort eine Kirche von solchen Ausmaßen errichtet werden würde. Der Bau der Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld mit Platz für 1.200 Gläubige soll im Sommer beginnen.

"Parallelgesellschaft"
Nach den Worten des Schriftstellers lebt die muslimische Minderheit in Deutschland in einer "Parallelgesellschaft", deren Regeln nicht mit dem Grundgesetz übereinstimmten. Seit Jahrzehnten gebe es Muslime, besonders Frauen, die kein Deutsch sprechen könnten. Giordano bekundete auch seine Abneigung gegenüber vollständig verschleierten Frauen, die wie "ein menschlicher Pinguin" wirkten. Er wolle auf deutschen Straßen keiner Burka- oder Tschador-Verhüllten begegnen.

Weiter führte der Publizist aus, die Quelle des islamistischen Terrors liege in den Schwierigkeiten der islamischen Gesellschaften bei der Anpassung an die Moderne. Der Islam ist seiner Meinung nach ein Kulturkreis, dem die kritische Methode völlig unbekannt sei.

Der 1923 in Hamburg als Sohn einer jüdischen Sängerin geborene Giordano wurde als Jugendlicher mehrfach von der Gestapo misshandelt. Nach Kriegsende blieb er in Deutschland, wo er sich gegen das Vergessen der NS-Diktatur einsetzte. Er wurde vor allem durch Dokumentarfilme und Bücher über Nationalsozialismus, Stalinismus und die Entwicklungsländer bekannt.

Alboga: Nicht würdevolle Beschreibung
Alboga wies Giordanos Beschreibung der verschleierten Frauen als "nicht würdevoll" zurück. Zugleich wandte er sich gegen den Vorwurf der "Parallelgesellschaft". So zeige die Teilnahme der Muslime an der Islamkonferenz den Willen zur Integration.

Auch mit der Kölner Moschee wollten die Muslime in der Gesellschaft sichtbar werden und der Integration dienen. In Istanbul dürften die Kirchen ihre Glocken seit Jahrhunderten öffentlich läuten. Der Dialogbeauftragte räumte aber ein, dass in der islamischen Welt für die Demokratisierung Sorge getragen werden müsse. Die Unterdrückung der Frau, Zwangsverheiratungen oder so genannte Ehrenmorde seien gegen den Islam.

Nach Angaben Albogas leben rund 3,3 Millionen Muslime in Deutschland, eine Million von ihnen mit deutscher Staatsangehörigkeit. "Wir haben Fußballspieler, Künstler, Schauspieler, Schriftsteller muslimischen Glaubens, die in diese Gesellschaft bestens integriert sind" unterstrich der Dialogbeauftragte. Integrierte Unternehmer türkischer Herkunft hätten etwa eine Million Arbeitsplätze geschaffen.