Jung: Mehrere Bundeswehrsoldaten ums Leben gekommen

Deutsche sterben in Afghanistan

Mehrere Bundeswehrsoldaten sind bei einem Bombenanschlag im nordafghanischen Kundus ums Leben gekommen. Das teilte Verteidigungsminister Franz Josef Jung am Samstag mit. Weitere Soldaten seien schwer verletzt worden. - Noch am Mittwoch hatte im domradio-Interview die Friedrich-Ebert Stiftung die Bundesregierung zu mehr Handeln aufgefordert.

 (DR)

Jung unterbricht Reise
Jung sagte den Soldaten, er habe mit "großer Bestürzung und Betroffenheit" von den "feigen Anschlägen" auf die deutschen Soldaten und afghanische Zivilisten erfahren. "In dieser Stunde gehört unser ganzes Mitgefühl den Angehörigen", fügte Jung
hinzu. Der Minister unterbrach nach Angaben des Ministeriums eine Reise nach Kopenhagen und flog nach Berlin zurück.

Gegenwärtig sind rund 3000 deutsche Soldaten am Hindukusch stationiert. Beim bislang letzten schweren Anschlag auf die Bundeswehr in Afghanistan waren im Juni 2003 vier Soldaten getötet und 29 verletzt worden. Damals hatte ein Selbstmordattentäter in Kabul ein mit Sprengstoff beladenes Taxi in einen Bus mit deutschen Soldaten gesteuert.

Bestürzung in Berlin
Spitzenpolitiker in Berlin äußerten sich tief bewegt über das Attentat von Kundus. «Wir trauern um unsere toten Soldaten und die getöteten afghanischen Zivilisten, sagten FDP Chef Guido Westerwelle und FDP-Fraktionsvize Birgit Homburger. Die Grünen Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und Fritz Kuhn erklärten: "Mit Bestürzung haben  wir von dem Tod dreier deutscher Soldaten und mehrerer afghanischer Zivilsten durch ein Selbstmordattentat im afghanischen Kundus erfahren."

Der Anschlag auf einen belebten Markt in Kundus sei ein erneutes Beispiel für die Strategie der Taliban, die ihren Terror gezielt gegen die Zivilbevölkerung richten. Das Attentat zeige, dass Afghanistan auch weiterhin internationale Unterstützung brauche.

"Alle müssen an einem Strang ziehen"
Um die Lage in den Griff zu bekommen, muss mehr in Entwicklungsprojekte investiert werden, meinte im domradio Ursula Koch-Laugwitz, die Chefin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kabul. "Die afghanischen Institutionen müssen schnell wachsen und besser werden. Sie tragen die Hauptlast der Auseinandersetzungen. Für den zivilen Aufbau brauchen wir mehr Mittel der Bundesregierung."

Vor allem fehle es an Entwicklungsprojekten. Egal wer verantwortlich sei, ob afghanische Regierung, Hilfsorganisationen oder Vereinte Nationen, alle müssten dabei an einem Strang ziehen. "Die Lage wird mit jedem Angriff und jedem Toten angespannter und unzufriedener - das gilt für die Bevölkerung wie die Hilfsorganisationen."

"Jeden Tag sinkt das Verständnis für diesen Krieg"
Innerhalb der Nato ist das harte Vorgehen der Amerikaner inzwischen längst Thema. Anfang der Woche äußerte nicht nur Bundesverteidigungsminister Franz Jung Kritik an den US-Operationen, sondern auch Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer.

Dabei dürfe es nicht allein um die Zivilopfer gehen, meint Koch-Laugwitz. So kämen auch etwa 300 afghanische Polizisten pro Monat bei den Kämpfen gegen militante Regierungsgegner ums Leben.

"Jeder Tag mit zweistelligen Todesmeldungen reduziert das Verständnis für diesen Krieg, aber auch drastisch die Akzeptanz für internationales Engagement. Man wird sich überlegen müssen, ob es Schritte gibt, die militärische Auseinandersetzung, die ja offensichtlich unvermeidbar ist, so zu verändern, dass die Anzahl von Opfern, ob sie nun Uniform tragen oder nicht, insgesamt reduziert werden, auf allen Seiten."