Welthungerhilfe stellt im domradio Positionspapier vor

"Der G8-Gipfel greift zu kurz"

Anfang Juni wird Heiligendamm wenige Tage lang im Mittelpunkt der Weltpolitik stehen: Zwischen dem 6. und 8. kommen im ältesten Seebadeort Deutschlands die Vertreter der größten Wirtschaftsnationen zum G8-Gipfel zusammen. Seit Monaten werden Ziele und Inhalte des Treffens diskutiert - und kritisiert. Im domradio-Interview warnte nun die Welthungerhilfe: Afrika kommt in Heiligendamm zu kurz.

 (DR)

Schäuble: Die Hungernden können nicht warten
"Es ist wichtig, stabile Rahmenbedingungen zu schaffen, um wirtschaftliche Entwicklung in Afrika zu ermöglichen", sagte am Morgen vor Journalisten Ingeborg Schäuble, die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Welthungerhilfe. "Aber das ist Zukunftsmusik, die Hungernden können darauf nicht warten."

Die Welthungerhilfe fordert eine Verdoppelung der Hilfe für Afrika. Dies sei beim G8-Gipfel vor zwei Jahren in Gleneagles versprochen worden. Ein deutlich größerer Teil der Hilfe als bisher müsse in die Entwicklung der ländlichen Gebiete in Afrika fließen, wo 80 Prozent der Hungernden lebten.  "Die G8-Staaten müssen zudem ihre Agrarsubventionen schnellstmöglich streichen und ihre Märkte einseitig für landwirtschaftliche Produkte aus Afrika öffnen."

Schäuble wies zudem darauf hin, dass die ländliche Entwicklung von den G8-Staaten sträflich vernachlässigt werde: "In Afrika sind 206 Millionen Menschen chronisch unterernährt. Fast jeder zweite hat keinen Zugang zu sauberem Wasser. Ein Drittel aller Kinder ist unterernährt. Fast fünf Millionen Kinder sterben im Jahr in Afrika, bevor sie fünf Jahre alt sind."

"Massive Kehrtwende ist nötig"
Der Anteil für ländliche Entwicklung an allen staatlichen Entwicklungsgeldern sei im vergangenen Jahrzehnt von zwölf auf drei Prozent zurück gegangen. "Hier ist eine massive Kehrtwende nötig. Fast 40 Millionen Afrikaner sind von Nahrungsmittelhilfe abhängig. Hilfe zur Selbsthilfe ist die einzige nachhaltige Lösung." Entwicklung von "oben", also auf Regierungsebene und im Rahmen globaler Strukturpolitik, müsse durch Entwicklung von "unten" begleitet werden.  

Andreas Mehler, Leiter des GIGA Instituts für Afrika-Studien in Hamburg, plädierte dafür, die afrikanische Bevölkerung stärker als bisher an Reformprozessen zu beteiligen: in Form von Meinungsumfragen sowie der Aus- und Fortbildung einer kritischen Elite. Emmanuel Gyimah-Boadi, Politikwissenschaftler und Leiter des Center for Democratic Development in Accra/Ghana, forderte die G8-Staaten auf, staatliche Entwicklungshilfe verbindlich an gute Regierungsführung zu koppeln.

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