Staatspräsident Lula empfängt Benedikt XVI.

Der Papst in Brasilien, Mittwoch

Papst Benedikt XVI. ist am Mittwoch zu seiner ersten Lateinamerika-Reise in Brasilien eingetroffen. Der erste Empfang war eher kühl und nüchtern: Keine Nationalhymnen, wie sie bei Papstbesuchen zum Standard gehören; keine militärischen Ehren, keine jubelnden Massen. Stattdessen ein kahler Flugzeug-Hangar, eine provisorische Bühne. Ursache war aber nicht eine politische Verstimmung.

 (DR)

Begeisterter Empfang
Schuld waren Regen und eine ungewöhnlich kühle Witterung in Sao Paulo. Daher beschränkten die Gastgeber die Ankunftszeremonie für Papst Benedikt XVI. bei seiner ersten Lateinamerika-Reise am Mittwoch (Ortszeit) auf das Wesentliche: auf die Reden von Gast und Gastgeber - die beide herzlich waren.

Begeistert war dann der Empfang, den Zigtausende Menschen dem Papst bei seiner anschließenden Fahrt durch die Straßen der Metropole bereiteten. Brasilien empfange den Papst mit offenen Armen; alle Brasilianer betrachteten seine Anwesenheit als Segen, steigerte sich Staatspräsident Luis Ignacio Lula da Silva in seiner Ansprache. Die spirituelle und moralische Führung des Papstes sei unabdingbar, damit die Menschheit die Herausforderungen des neuen Jahrtausends bewältigen könne.

Auch der Papst sparte nicht mit Lob und freundlichen Worten. Brasilien als größtes katholischen Land der Welt liege ihm ganz besonders am Herzen, sagte Benedikt XVI. - und rückte damit den Eindruck zurecht, in seinem Pontifikat spiele Lateinamerika keine besondere Rolle. Lobende Worte fand er auch für Lula. Beim ersten Papstbesuch 1980 unter den Militärs konnte der junge Gewerkschafter Lula Johannes Paul II. nur heimlich im Nebenraum des Stadions von Sao Paulo begegnen. Seither hat sich die politische Situation im Land geändert; Lula präsentiert sich heute als gemäßigter Sozialdemokrat.

Auch Kritik in der Begrüßungsrede
Allerdings klang in der Begrüßungsrede des Papstes auch Kritik an. Als ein Hauptanliegen seiner Reise nannte Benedikt XVI. den Schutz des Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. Ein Wink in Richtung der liberalen Linie des Präsidenten bei Familie und Lebensschutz, mit der er immer wieder bei den Kirchenführern des Landes aneckt.

Als Hauptzweck seiner ersten Übersee-Reise bezeichnete Benedikt XVI. die "Stärkung der christlichen Identität" und die Förderung der menschlichen Person durch Solidarität, insbesondere mit den Armen. Er sei nach Brasilien gekommen, um der Kirche und dem Glauben neuen Schwung und missionarischen Elan zu bringen: einer Kirche, die in den vergangenen 30 Jahren deutliche Konkurrenz durch evangelikale Sekten und Pfingstgemeinden bekommen und viele Mitglieder verloren hat.

Wie viele es genau sind, ist unklar. Nach unterschiedlichen Daten sind heute zwischen 64 und 86 Prozent der 184 Millionen Brasilianer katholisch. Immer mehr Brasilianer suchen aber Erlösung bei evangelikalen Predigern oder Teufelsaustreibern im Sektentempel.

"Die Kirche betreibt keine Politik"
Die Kirche treibe keine Politik, stellte Benedikt XVI. bei seiner Ankunft klar - und enttäuschte damit sicher manche, die sie gerne konkreter im parteipolitischen Einsatz für die Armen sähen. Die Kirche wolle vielmehr moralische Werte propagieren, das Bewusstsein der Menschen schärfen und auf diesem Weg gesellschaftlich wirken. Zu dieser Verteidigung der Werte gehört für den Papst auch der Einsatz für die Familie als Keimzelle der Gesellschaft. Oder für die Jugend, deren Ausbildung entscheidend für die Zukunft des Landes sei. Und für die indigene Bevölkerung, die der Ex-Gewerkschaftler Lula offenbar weniger im Blick hat als die brasilianische Arbeiterschaft.

Der Ankunftstag nach anstrengendem zwölfstündigen Flug, bei dem das 80-jährige Kirchenoberhaupt noch eine Pressekonferenz für den mitreisenden Medientross gab, endete mit einem Bad in der Menge. Vom Fenster seines Klosters auf Zeit grüßte er die Menschen mit einer kurzen Ansprache. Mit seinen Worten hat er, wie der Applaus zeigte, die Herzen der Zuhörer bereits gewonnen - und auch ein Mal mehr die weltweite Einheit der katholischen Kirche unterstrichen.

Die Papstreise im domradio
domradio begleitet in Kooperation mit Radio Vatikan die Reise täglich aktuell mit ausführlichen Hintergrundberichten.

Live überträgt domradio außerdem zwei Gottesdienste: am Freitag (11. Mai, Messfeier in Sao Paulo mit Seligsprechung von Frei Galvao) zwischen 14 Uhr und 16 Uhr sowie am Sonntag (13. Mai, Messfeier in Aparecida zur Eröffnung der V. Generalversammlung der Bischöfe aus Lateinamerika und der Karibik) zwischen 14.30 Uhr und 17 Uhr.

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