Allgemeine Kritik an CSU - parteiintern auch an Söder

Köhler beschädigt?

Nach der Ablehnung des Gnadengesuchs von Ex-Terrorist Christian Klar durch Bundespräsident Horst Köhler attackieren SPD, FDP und Grüne die CSU. Drohungen, Köhler für den Fall eines Gnadenerweises nicht wiederzuwählen, hätten das Amt des Staatsoberhauptes beschädigt. Auch in der CDU wurden die Äußerungen aus der Schwesterpartei als überzogen gewertet. Besonders in der Kritik steht CSU-Generalsekretär Markus Söder.

 (DR)

Merkel: CSU-Äuerungen waren nicht in Ordnung
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte einem Zeitungsbericht zufolge Köhler erneut gegen Angriffe aus der CSU. Die CDU-Chefin habe sich laut Teilnehmerangaben am Montag in einer Sitzung des Präsidiums noch einmal ausdrücklich hinter den Präsidenten gestellt und dessen Treffen mit dem RAF-Terroristen Klar verteidigt, berichtet die "Passauer Neue Presse". Kritische Äußerungen aus den Reihen der CSU seien "nicht in Ordnung" und "zu viel" gewesen. Merkel habe die Gegner einer Begnadigung Klars gewarnt, jetzt "nicht in Triumphgeheul auszubrechen".

SPD, FDP und Grüne attackierten am Dienstag das Verhalten der CSU in der Debatte um das Gnadengesuch Klars scharf. "Das war der unverhohlene Versuch, das Amt des Bundespräsidenten zu beschädigen", sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel betonte: "Der Versuch der Nötigung des Bundespräsidenten durch die Beschimpfungen der CSU bleibt ein Schandfleck auf der Weste der Konservativen."

Roth: Amt des Bundespräsidenten massiv beeinträchtigt
Auch die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sieht das Amt des Bundespräsidenten "massiv" beeinträchtigt: "Wer wirklich beschädigt dasteht, das ist Herr Köhler. Man kann doch nicht mit erpresserischen, mit nötigenden Begriffen eine Wiederwahl davon abhängig machen, wie er entscheidet." Bundeskanzlerin Merkel habe "das ganz ganz ganz lange laufen lassen. Und sie hat mit dazu beigetragen, dass unser Präsident jetzt beschädigt ist."

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagte dagegen, man sollte die angebliche Drohung von CSU-Generalsekretär Markus Söder "nicht überbewerten". Generalsekretäre formulierten "immer etwas drastischer" als normale Politiker. Es sei aber "selbstverständlich, dass in einer Demokratie auch eine Entscheidung des Bundespräsidenten vorher und nachher kommentiert wird." Auch CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer warnte davor, die Äußerungen Söders zu hoch zu hängen. Es sei gar nicht klar, ob diese "wirklich so gefallen" seien.

Goppel: Rücktrittsforderungen sind überzogen
Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) gab "dem Kollegen Söder" den Rat, "ein Urteil jedenfalls bis dahin zurückzustellen, bis der Bundespräsident tatsächlich entschieden hat." Rücktrittsforderungen aus der SPD an die Adresse von Söder bezeichnete Goppel jedoch als "überzogen".

Der CDU-Rechtsexperte Jürgen Gehb nannte den Verlauf der Debatte über das Gnadengesuch "mehr als nur unglücklich" und monierte auch Söders Drohung. "So etwas zu artikulieren, sollte Politprofis nicht unterlaufen." Auch der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler sagte, es wäre besser gewesen zu schweigen.