Vor zwei Jahren wurde es verkündet: "Habemus Papam"

"Der Brückenbauer" - seit zwei Jahren im Amt

Zum 70. Geburtstag schien Joseph Kardinal Ratzinger amtsmüde. Er sprach, nach 15 Jahren als Chef der Glaubenskongregation, vom bevorstehenden Ruhestand mit viel Zeit zum Bücherschreiben. Zehn Jahre später steht Benedikt XVI. an der Spitze der katholischen Weltkirche. Mit Elan hat er das schwere Erbe Johannes Paul II. angetreten und rasch seinen eigenen Stil als "Theologen-Papst" geprägt. Hören Sie hier einige Interviews und Bilanzen zu seinem bisherigen Pontifikat.

 (DR)

Mit geschliffenen Ansprachen und Texten gibt er den Katholiken Orientierung, vermittelt Freude am Glauben und macht die Kirche in der Gesellschaft präsenter denn je. Der einst spröde Wissenschaftler und strenge Glaubenswächter ist zum geschätzten Hirten geworden. Seine Audienzen und Sonntagstreffen verzeichnen Besucherrekorde. Am Montag feierte er seinen 80. Geburtstag, drei Tage später vollendet er sein zweites Pontifikatsjahr.

Ökumene und interreligöser Dialog
Trotz seines Alters absolviert Benedikt XVI. ein umfangreiches Arbeitspensum. Bislang hat er eine Enzyklika verfasst und fünf Auslandsreisen unternommen - zum Kölner Weltjugendtag, in die bayerische Heimat, nach Spanien sowie in zwei schwierigen Etappen nach Polen (mit dem Gang nach Auschwitz) und in die Türkei. Er hat neue Kardinäle ernannt, eine Bischofssynode geleitet und deren Schlussdokument publiziert. Weichenstellungen hat er für die Ökumene eingeleitet, vor allem mit der Orthodoxie, und den Aussöhnungsprozess mit dem Judentum vorangetrieben. Die Spannungen mit dem Islam nach dem Regensburger Vortrag scheinen seit der erfolgreichen Türkei-Reise eingegrenzt.

Außenpolitik
In der Außenpolitik setzt Benedikt XVI. ähnliche Akzente wie sein Vorgänger: Nahost und Afrika sind ihm wichtig. Aber er hat sich auch an schwierige Themen gewagt, bei denen der Vatikan lange nicht weiterkam: China, Vietnam, Lateinamerika, Russland. Der Brückenschlag nach Peking scheint nicht mehr unmöglich; der Kontakt zu Moskau wurde leichter, ein Treffen mit Patriarch Alexij II. denkbar.

Als Favorit zog der bayerische Kardinal am 18. April 2005 ins Konklave ein, einen Tag später war er Papst, als erster Deutscher nach 482 Jahren. Die Kardinäle sahen in dem Theologen von Weltruf den Garanten, der nach dem Ausnahme-Pontifikat von Johannes Paul II. für Kontinuität sorgen könnte, ohne ständig am großen Vorgänger gemessen zu werden. Die Erwartungen hat er erfüllt.

Neue Amtsführung
Die Amtszeit Benedikt XVI. ist in dieser Phase ruhiger als der Beginn unter Johannes Paul II. Der betagte Papst muss mit seinen Kräften haushalten. Vor allem sein Sekretär, Prälat Georg Gänswein, hält ihm den Rücken frei und sorgt - anders als Stanislaw Dziwisz bei Wojtyla - für Freiraum. Benedikt XVI. reist kaum weniger als sein Vorgänger, aber gezielter, kürzer und weniger weit. Die Zahl der Sonderaudienzen ist reduziert, er macht sich rar, feiert Frühmessen ohne Gäste, hat die Arbeitsessen abgeschafft. Er delegiert vieles an Kardinäle, etwa die Seligsprechungsfeiern. Dafür nimmt er sich Zeit für Gespräche mit Bischöfen, für das Aktenstudium, für die Leitung der Kurie und vor allem für das Verfassen von Predigten und Dokumenten.

Benedikt XVI. arbeitet konzentriert. Zu seinem Leitungsstil gehören ressortübergreifende "Kabinettssitzungen". Personalfragen entscheidet er langsam, aber mit System. Für Spitzenpositionen wählte er bisher erfahrene Bischöfe großer Diözesen, nicht lang gediente Kurienbeamte. Als Kardinal-Staatssekretär hat er sich mit Tarcisio Bertone einen Vertrauten aus der Zeit in der Glaubenskongregation an die Spitze der Vatikan-Verwaltung geholt.
Diese Personalpolitik hat allerdings Enttäuschung unter verhinderten Nachrückern ausgelöst. Gerade bei Pannen - etwa dem Fall Wielgus in Warschau - zeigte sich, dass der Apparat nicht rund lief. Und mancher fragte besorgt, ob der Papst tatsächlich die volle Loyalität aller Minister genießt.