Ausbilder fristlos entlassen

Rassismus-Skandal bei der Bundeswehr

Nach dem jüngsten Rassismus-Skandal bei der Bundeswehr hat das Bundesverteidigungsministerium erste Konsequenzen gezogen. Der in dem Video erkennbare Ausbilder wurde fristlos entlassen. In einem im Internet verbreiteten Video-Clip hatte der Offizieranwärter im schleswig-holsteinischen Rendsburg einen Rekruten am Maschinengewehr aufgefordert, sich Afroamerikaner aus dem New Yorker Stadtteil Bronx als Ziele vorzustellen und beim Schießen mit "Motherfucker" zu beschimpfen. Die Staatsanwaltschaft nahm die Ermittlungen auf.

 (DR)

Ein Ministeriumssprecher sagte am Dienstag, die Entlassung gelte mit Ablauf des Tages und erfolge nach Paragraf 55 Absatz 5 des Soldatengesetzes. Demnach kann ein Soldat auf Zeit während der ersten vier Jahre aus dem Dienst entlassen werden, wenn er seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat und sein Verbleiben in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde. Der Soldat verliere seinen Dienstgrad und den Anspruch auf Dienstbezüge.

Staatsanwaltschaft ermittelt
Das Verteidigungsministerium wusste den Angaben zufolge bereits seit Januar 2007 über den Vorfall Bescheid. Es sei unverzüglich die Prüfung dienstrechtlicher Maßnahmen gegen zwei Soldaten eingeleitet worden. Das Prüfungsverfahren gegen den Soldaten, der das Video aufgezeichnet habe, laufe noch. Die rund eineinhalb Minuten lange Aufnahme war in der vergangenen Woche aufgetaucht und hatte in Deutschland und den USA für Empörung gesorgt.

Die zuständige Kieler Staatsanwaltschaft hat inzwischen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es werde geprüft, ob der Tatbestand der Volksverhetzung gegeben sei, sagte Oberstaatsanwalt Uwe Wick.

Bürgermeister der Bronx fordert Entschuldigung
Der Bürgermeister der Bronx lud die Bundeswehr derweil in den New Yorker Stadtteil ein. Sollte sie eine Abordnung schicken, sei er gern für sie da, sagte Adolfo Carrión. "Ich werde sie herumfahren, damit sie sehen, wie die Bronx wirklich ist", sagte er. Der 46-jährige ehemalige Pfarrer bekräftigte erneut seine Empörung über die deutschen Soldaten: "Das ist barbarisch. Ganz klar, diese Burschen wissen gar nichts, weder über Afroamerikaner noch über die Bronx." Carrión forderte, Deutschland müsse die Menschen seines Viertels um Verzeihung bitten.

Militärbischof: "Soldaten sind Spiegel der Gesellschaft"
Militärbischof Peter Krug hat es als "voreilig" zurückgewiesen, aus Vorfällen wie jüngst in Rendsburg auf rassistische Tendenzen in der Bundeswehr zu schließen. Soldaten seien ein "Spiegel der Gesellschaft", sagte der Oldenburger Bischof am Montag vor Journalisten zum Auftakt der 52. Gesamtkonferenz der evangelischen Militärgeistlichen in Lübeck. Es werde in der Bundeswehr darauf geachtet, dass sich solche Entwicklungen nicht ausbreiten. In Rendsburg war ein Video mit rassistischen Ausbildungsmethoden gedreht worden.

Militärgeneraldekan Peter Brandt (Bonn) empfahl, den lebenskundlichen Unterricht in der Ausbildung der Soldaten zu stärken. Dies sei auch von der Bundeswehr als Wunsch an die Militärseelsorge herangetragen worden. Im Zentrum stünden Grundbegriffe wie Menschenwürde, Freiheit und Gerechtigkeit.

Politiker hinterfragen die "Innere Führung"
"Müssen wir bei der Inneren Führung ganz von vorn anfangen?" Diese schwerwiegende Frage stellen sich angesichts des jüngsten Skandals bei der Ausbildung von Bundeswehr-Rekruten im schleswig-holsteinischen Rendsburg die Verteidigungsexperten der Parteien. Der SPD-Vertreter Rainer Arnold forderte eine Reform der Ausbildung bei der Bundeswehr. Ebenso wie der Wehrbeauftragte Reinhold Robbe zeigten sich die Abgeordneten über das rassistische Video, in dem ein Ausbilder einen Rekruten zum fiktiven Schießen auf "Afroamerikaner" im New Yorker Stadtteil Bronx auffordert, "entsetzt".

Offiziere sprachen zwar von einem "schrecklichen Einzelfall". Dennoch müsse über die Grundsätze der Inneren Führung "erneut diskutiert werden, ob nicht Defizite aufgearbeitet werden müssten". Sie verwiesen darauf, dass die Bundeswehr bei ihrer Gründung mit den Prinzipien der Achtung der Menschenwürde und der Anerkennung des Soldaten als "Staatsbürger in Uniform" angetreten war. Die Bundeswehr sei mit ihrer "Führungsphilosophie", ihrer zeitgemäßen Menschenführung, "in Geist und Gesinnung die beste Armee, die es je in Deutschland gegeben hat", hatte seinerzeit Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) geurteilt.