Amoklauf: Bush betet für die Opfer, will aber an Recht auf Waffenbesitz festhalten

Ein Präsident bleibt unbelehrbar

Mindestens 33 Menschen sind tot, mehr als ein Dutzend liegen mit zum Teil schweren Verletzungen im Krankenhaus: Der Todesschütze nahm sich nach Polizeiangaben selbst das Leben. Das Blutbad an der Technischen Universität in Blacksburg im US-Bundesstaat Virginia am Montag gilt als das schwerste Massaker mit Schusswaffen in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Wieder werden Forderungen nach eienr Verschärfung der Schusswaffenkontrollgesetze laut. Doch Präsident Bush bleibt uneinsichtig.

 (DR)

Politiker aller Parteien äußerten sich entsetzt. US-Präsident George W. Bush bete für die Opfer, sagte Dana Perino, die Pressesprecherin des Weißen Hauses. Auch der Kongress bete für die Betroffenen, erklärte Nancy Pelosi, Demokratin und Sprecherin des Repräsentantenhauses.

Die Zahl der Toten in Blacksburg ist ungewöhnlich hoch - aber die Tat erinnert an Bluttaten an anderen Schulen in den USA. Zum Beispiel an den Mord an fünf Mädchen in Lancaster County in Pennsylvania im vergangenen Jahr, an die neun Erschossenen in Red Lake in Minnesota (2005) und schließlich an das Massaker vor acht Jahren in der Columbine High School in Colorado mit 15 Toten einschließlich der beiden Amokläufer. Über die Hintergründe der Tat sprach domradio mit dem Psychologen Dr. Christian Lüdtke. Er war auch nach den Amokläufen in Erfurt und Emsdetten im Einsatz.

Eine Verschärfung der Schusswaffenkontrollgesetze fordern Geistliche seit langem
Nach jedem Massaker in den USA werden Stimmen laut, die eine Verschärfung der Schusswaffenkontrollgesetze fordern. Namhafte Geistliche verlangen das schon seit Jahren, erklärte Bob Edgar, Generalsekretär des Ökumenischen Nationalen Kirchenrates, am Montag. Seit Columbine hätten die USA aber "nichts getan, um Gewalttaten mit Schusswaffen zu stoppen", kritisierte Paul Helmke, Präsident der "Brady Kampagne" für Schusswaffenkontrolle. Die Organisation ist benannt nach dem 1981 bei dem Attentat auf US-Präsident Ronald Reagan schwer verwundeten Pressesprecher James Brady. Nach Angaben der Brady Kampagne werden in den USA täglich mehr als 80 Menschen erschossen.

Bürger verfügen über 200 Millionen Schusswaffen
Rund 200 Millionen Schusswaffen seien in Privathänden, etwa ein Drittel davon Pistolen und Revolver. Das in der Verfassung verbürgte Recht auf Schusswaffenbesitz ist vielen US-Amerikanern heilig. Das Weiße Haus betonte nach dem Anschlag in Virginia, Präsident Bush sei überzeugt, dass Bürger ein "Recht haben, Waffen zu tragen".

In kaum einem Bundesstaat werden Schusswaffenbesitzer und -käufer so zuvorkommend behandelt wie in Virginia. Dort kann man ohne Genehmigung und Registrierung Schusswaffen von Privatpersonen kaufen.
In Schusswaffenläden genügt eine leicht erhältliche Lizenz. Die beiden großen US-amerikanischen Schusswaffenbesitzerverbände - die National Rifle Association (NRA) und die Gun Owners of America - haben ihre Hauptsitze in Virginia.

NRA-Präsident John Sigler sagte zu dem Massaker von Blacksburg, er hätte nicht "erwartet, dass so etwas in Amerika passieren" kann. In den Medien haben sich auch Schusswaffenbesitzer zu Wort gemeldet, die die Ansicht vertraten, dass die Tragödie wohl nicht passiert wäre, hätten die Opfer selber Schusswaffen gehabt. Auf dem Campus der technischen Hochschule von Virginia darf man keine Schusswaffen tragen. Das Unglück beweise, dass die Schusswaffenkontrolle nicht funktioniere, räumte Philip Van Cleave vom Schusswaffenbesitzerverband "Virginia Citizens Defense League" im Informationsdienst stateline.org ein.

In den nächsten Tagen sind Gottesdienste angekündigt sowie Begräbnisse und Mahnwachen. Politiker werden Reden halten. Angehörige und Freunde trauern, die Menschen sind entsetzt über die Morde von Blacksburg - sie sind aber uneins, was zu tun ist.

Dr. Christian Lüdke war auch zu Gast in der Sendung Menschen. Die ganze Sendung können sie als Podcast nachhören.