Polens Parlament lehnt Verfassungsänderung ab

Abtreibungsrecht wird nicht verschärft

Braucht unser Land ein neues Abtreibungsrecht? Seit Wochen beschäftigt Polens Öffentlichkeit diese Frage. Nun hat die Diskussion ein vorläufiges Ende genommen: Das Parlament hat einen entsprechenden Antrag auf Verfassungsänderung abgelehnt. Möglicherweise eine Entscheidung mit politischen Konsequenzen. Ein bekannter Politiker will nun zurücktreten.

 (DR)

Entwürfe scheitern an erforderlicher Zwei-Drittel-Mehrheit
In Polen hat das Parlament am Freitag eine Verfassungsänderung abgelehnt, die eine Verschärfung des Abtreibungsrechts ermöglicht hätte. Die regierenden Rechtsparteien "Liga Polnischer Familien" (LPR) und "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) sowie Präsident Lech Kaczynski hatten mehrere Entwürfe eingebracht.

Alle Vorschläge sahen vor, den Schutz menschlichen Lebens "ab der Empfängnis" in der Verfassung zu verankern. Die Entwürfe scheiterten an der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit.

Ein Großteil der bürgerlichen Opposition sowie Linksparteien stimmten gegen eine Verfassungsänderung. Der polnische Parlamentspräsident Marek Jurek (PiS), der sich für die Verfasungsänderung eingesetzt hatte, reichte daraufhin seinen Rücktritt ein.

Katholische Kirche unterstützt Vorstoß
In Polen wird seit Wochen eine öffentliche Debatte um eine mögliche Verschärfung des Abtreibungsrechts geführt. Die LPR forderte die Verfassungsänderung, um ein absolutes Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen durchzusetzen. Der Vorschlag des Präsidenten, der von einem großen Teil der PiS unterstützt wurde, sollte eine mögliche Liberalisierung verhindern, sah jedoch keine Verschärfung des Abtreibungsrechts vor.

In Polen ist ein Schwangerschaftsabbruch seit 1993 nur bei schwerer Behinderung des Kindes, Gefährdung der Mutter oder nach einer Vergewaltigung legal. Die Zahl der legalen Abtreibungen liegt in Polen jährlich bei etwa 200. Schätzungen beziffern die illegalen Abbrüche auf über 100.000. Das katholische Kirche unterstützte den Vorstoß zur Verfasungsänderung.