Mit umstrittenen Äußerungen hat der Ministerpräsident schon mehrfach für Aufregung gesorgt

Oettingers Ausrutscher

Mit seiner umstrittenen Trauerrede zum Tod von Hans Filbinger hat der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) eine Welle der Empörung ausgelöst. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte dem Stuttgarter Regierungschef am Freitag eine Rüge. Es ist nicht das erste Mal, dass Oettinger mit gewagten Äußerungen Wirbel verursacht.

 (DR)

Seit dem 21. April 2005 ist Oettinger Ministerpräsident in Baden-Württemberg. Nicht nur mit lauteren Mitteln wurde Vorgänger Erwin Teufel (CDU) aus dem Amt gedrängt, um für den 53-Jährigen Platz zu schaffen, der den Ruf vom "ewigen Kronprinzen" endlich abschütteln wollte. Als sich Oettinger bei der Landtagswahl im März 2006 erstmals dem Votum der Bevölkerung stellen musste, schaffte er die Bewährungsprobe mit Bravour. Die CDU verfehlte mit ihm als Spitzenkandidaten nur knapp die absolute Mehrheit.

Die Baden-Württemberger bekamen allerdings schnell zu spüren, dass sie mit Oettinger nicht nur ein neues Gesicht an ihrer Spitze haben, sondern auch einen anderen Politiker-Typus. Die Rolle eines "Landesvaters" passt nicht zu Oettinger. Vielmehr gibt er sich als liberal angehauchter Großstädter. Pragmatismus wird ihm nachgesagt, aber auch Sprunghaftigkeit. An einem Tag prescht er etwa in der Familienpolitik mit modernen Positionen hervor oder liebäugelt mit Schwarz-Grün. Am nächsten Tag gibt er sich betont konservativ, stellt sich an die vorderste Front der Atomenergie-Befürworter oder tritt für eine strenge Einbürgerungs-Politik ein.
Mit umstrittenen Äußerungen hat sich Oettinger bereits wiederholt in die Nesseln gesetzt. Mangelnde Sensibilität in seiner Wortwahl ließ er etwa erkennen, als er Anfang dieses Jahres bei einem Auftritt bei einer Studentenverbindung über die fehlende Dynamik in der heutigen Wohlstandsgesellschaft philosophierte. "Wir sind in der unglaublich schönen Lage, nur von Freunden umgeben zu sein. Das Blöde ist: Es kommt kein Krieg mehr", ließ Oettinger die Zuhörer wissen. Später rückte er die Äußerung zurecht, musste aber spöttische Kritik über sich ergehen lassen.

In ein Fettnäpfchen tappte Oettinger auch Jahre zuvor, als er bei einer Jubiläumsfeier seiner schlagenden Studentenverbindung "Ulmia", der er seit Studententagen angehört, die erste Strophe der Nationalhymne mitschmetterte. Ein weiterer Ausrutscher ganz anderer Art: Vom Verein Deutscher Sprache wurde Oettinger 2006 zum "Sprachpanscher des Jahres" ernannt, weil er die deutsche Sprache im Vergleich zu Englisch als "Sprache der Familie und der Freizeit" und "Sprache, in der man Privates liest" bezeichnet hatte.

Vorstöße wie sein inzwischen weitgehend eingestampfter Plan, zur Rettung von Schloss Salem wertvolle badischen Handschriften zu verkaufen, haben Oettinger Kritik von Kunsthistorikern aus der ganzen Welt eingehandelt.

Ob Ungeschicktheit sein Handeln beeinflusst oder der bewusste Versuch, durch Provokationen sein Profil zu schärfen, bleibt Spekulation. Auf der bundespolitischen Bühne versucht Oettinger seit Jahren, Fuß zu fassen. Mit der Übernahme des Vorsitzes für die Föderalismuskommission II ist ihm das teilweise gelungen.
Geboren wurde Oettinger am 15. Oktober 1953 in Stuttgart. Er studierte Rechtswissenschaften sowie Volkswirtschaftslehre und gehörte anschließend einer Wirtschaftsprüferkanzlei an. In die Politik zog es den Schwaben schon früh: Von 1977 bis 1994 engagierte er sich für die CDU in seiner Heimatstadt Ditzingen bei Stuttgart. Seit 1984 sitzt er im Landtag, 1991 übernahm er den CDU-Fraktionsvorsitz - traditionelles Sprungbrett in Baden-Württemberg für das Amt des Ministerpräsidenten. Seit 2005 steht Oettinger auch dem CDU-Landesverband vor.