Der Papst betet mit Tausenden Kreuzweg am Kolosseum

"Lernen, mit dem Herzen zu sehen"

Mit einer Messe und dem traditionellen Kreuzweg beim antiken Kolosseum hat Papst Benedikt XVI. am Karfreitag mit mehreren zehntausend Menschen des Kreuzestodes Jesu Christi gedacht. Die Feier im Schein Tausender Kerzen war der erste Höhepunkt der Kar- und Ostertage in Rom. Der eigentliche Sinn des Kreuzweg-Gebets liege darin, mit dem Herzen sehen zu lernen, sagte das Kirchenoberhaupt in einer kurzen Ansprache zum Abschluss. 67 Sender übertrugen weltweit.

 (DR)

Gottesdienst am Nachmittag
Am Nachmittag hatte Benedikt XVI. mit einem zweistündigen Gottesdienst die Feier der Passion Jesu begangen. Dabei verharrte der Papst einige Augenblicke ausgestreckt auf dem Boden liegend vor dem Hauptaltar. Mit den Gläubigen betete er für die großen Anliegen der Kirche und der Welt. An dem Gottesdienst im vollbesetzten Petersdom nahmen zahlreiche Kardinäle und Bischöfe sowie Diplomaten beim Heiligen Stuhl teil.

Beim abendlichen Meditationsweg über das Leiden und Sterben Jesu, der über 14 Stationen vom antiken Theaterrund des Kolosseums zum Palatin-Hügel führte, trug Benedikt XVI. zu Beginn und Ende persönlich das Kreuz. Dazwischen führten Jugendliche aus Afrika, Lateinamerika, Asien und Europa die Prozession an. Wegen der Veranstaltung wurden in Rom eine U-Bahn-Station geschlossen und 13 Buslinien umgeleitet.

Gleichgültigkeit gegenüber fremder Not
Die Meditationen für den Kreuzweg erinnerten an den Schmerz und die Verlassenheit Jesu und zahlloser anderer Menschen. Zugleich prangerten sie die Gleichgültigkeit gegenüber fremder Not an. Mit Blick auf Pilatus, der Jesus dem Tod ausliefert, wurden ethischer Relativismus und Amoralität verurteilt.

Am Beispiel der Demütigung Jesu durch die Soldaten prangerte der Kreuzweg die Misshandlung von Gefangenen an. Was das Evangelium schildere, habe sich zu allen Zeiten "in vielen düsteren Zellen" und "auf vielerlei sadistische und perverse Weise" wiederholt. Eine Station des Kreuzwegs war gedemütigten, vergewaltigten und durch Beschneidung verstümmelten Frauen gewidmet.

Religiöser Höhepunkt des Osterprogramms ist die Feier der Osternacht am späten Samstagabend im Petersdom. Am Sonntag verliest Benedikt XVI. nach einer Festmesse seine Osterbotschaft, bei der der Papst traditionell auch auf aktuelle politische Probleme eingeht. Anschließend spendet das Kirchenoberhaupt den Segen "Urbi et orbi" und richtet seine Osterwünsche an die Welt. Zur Live-Übertragung haben sich 108 TV-Anstalten aus 67 Ländern angemeldet.

Übernachtungsrekord in Rom
Für die Ostertage rechneten Roms Hotelbetriebe mit mehr als 630.000 Übernachtungen. Der Tourismusverband der Region prognostizierte einen Zuwachs der Besucherzahlen um rund zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Einen bedeutenden Anteil haben daran die Deutschen: Auch zum 80. Geburtstag Benedikt XVI. am 16. April werden viele Besucher aus seiner Heimat erwartet.