Sozialethiker sprechen sich für Mindestlöhne aus

Geringverdiener stehen "besonders dumm da"

Sozialethiker haben sich für eine Festsetzung von Mindestlöhnen in einzelnen Regionen und Arbeitsbereichen ausgesprochen. Es sei ein "elementarer Grundsatz der Sozialstaatlichkeit, dass ein Mensch von seiner Hände Arbeit leben können muss und nicht unter dem soziokulturellen Existenzminimum liegt", sagte der Rektor der Katholischen Fachhochschule Berlin, Andreas Lob-Hüdepohl, am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Ähnlich äußerte sich der Sozialethiker Matthias Möhring-Hesse von der Universität Münster.

 (DR)

Beide kritisierten ein Versagen der Tarifpartner. Die Bundesrepublik habe sich über Jahrzehnte darauf verlassen können, dass die Festsetzung von Mindestlöhnen durch die Tarifparteien erfolgt sei, erläuterte Möhring-Hesse. Da Tarifbindung aber immer häufiger nicht mehr gelte, müsse der Staat reagieren. Der Sozialethiker betonte, die derzeitige Frage müsse nicht die nach dem "Ob" von Mindestlöhnen sein, sondern wer sie in welcher Höhe festsetze. In jeder Gesellschaft, die grundlegend auf die Erwerbsarbeit ihrer Bürger baue, müsse es Mindestlöhne geben.

Sacher Menschenwürde
Beide schlossen nicht aus, dass eine Festsetzung von Mindestlöhnen in Regionen oder Tätigkeitsfeldern Arbeitslosigkeit mit sich bringen könne. Deren Ausmaß sei aber sicher begrenzt, meinten sie mit Blick auf die Warnung des CDU-Generalsekretärs Ronald Pofalla, der von Hunderttausenden wegfallenden Jobs spricht. Im Gegenzug mache der Staat aber deutlich, dass letztlich aus Gründen der Menschenwürde unter einer bestimmten Schwelle niemand zur Arbeit gezwungen werden könne, betonte Möhring-Hesse. Die jetzige Situation sei Folge der Arbeitsmarktpolitik, da Geringverdiener auf dem Arbeitsmarkt derzeit "besonders dumm da stehen". Greife der Staat jetzt nicht ein, sei eine weitere Entwicklung der Spirale geringer Löhne nach unten zu erwarten.

Lob-Hüdepohl verwies darauf, dass gering honorierte Tätigkeiten wie die von Friseusen oder Wachpersonal eben nicht ins Ausland verlagert werden könnten. Sicher sei eine regionale Staffelung der Mindestlöhne möglich und gut zu begründen. Wenn dort aber keine tarifvertraglichen Regelungen mehr griffen, müsse die Politik reagieren.