Europäische Union feiert 50. Geburtstag in Berlin

Merkel macht Druck bei EU-Verfassung

Mit einem Sonderkonzert der Berliner Philharmoniker haben am Samstagnachmittag in Berlin die offiziellen Feierlichkeiten zum 50. EU-Geburtstag begonnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte dazu in der Berliner Philharmonie die 27 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union sowie Spitzenvertreter der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments. Nach der Grundsatzeinigung auf die "Berliner Erklärung" hatte Merkel im Vorfeld rasche Fortschritte bei der EU-Verfassung gefordert.

 (DR)

Auf dem Programm der Philharmoniker unter Leitung des Dirigenten Simon Rattle standen die 5. Symphonie von Ludwig van Beethoven und die Folk Songs des Italieners Luciano Berio.Für den späteren Abend hatte Bundespräsident Horst Köhler die Staatsgäste zu einem Empfang in seinen Amtssitz im Schloss Bellevue geladen. Hier sollten die europäischen Gäste auch vom deutschen Astronauten Thomas Reiter begrüßt werden, der einmalige Bilder Europas aus dem All zeigen will.

Merkel will bis 2009 Klarheit über Zukunft Europas
Den Bürgern müsse bis zur Europawahl 2009 gesagt werden, "wie es mit Europa weiter geht", sagte die Kanzlerin am Samstag vor Beginn des EU-Sondergipfels. Bei der Überarbeitung des Verfassungstextes dürfe aber kein Land "überfordert" werden. Die EU-Ratspräsidentin verlangte zudem erneut Reformen. Die Europäische Union müsse ihre Außenpolitik bündeln, gemeinsam gegen den Terror vorgehen und ihre Wettbewerbsfähigkeit behaupten.

Mit dem Sondergipfel begeht die EU am Wochenende in Berlin den 50. Jahrestag ihrer Gründung. Anlass ist die Unterzeichnung der Römischen Verträge am 25. März 1957, die als Gründungsdokumente des vereinten Europas gelten. Im Mittelpunkt der zweitägigen Feierlichkeiten steht die Annahme einer "Berliner Erklärung", mit der die EU die seit 2005 andauernde Verfassungskrise überwinden will.

Merkel zeigte sich erfreut, dass der Gipfel in der deutschen Hauptstadt stattfinde, die lange für die Teilung Europas und heute für die Wiedervereinigung des Kontinents stehe. Berlin symbolisiere, "was in 50 Jahren in Europa gelungen ist". Der Präsident des Europaparlaments, Hans-Gert Pöttering (CDU) betonte, die Grundlage für ein erneuertes Europa müsse die gemeinsame Verfassung sein: "Es ist Zeit, im 21. Jahrhundert mehr zu tun für Europa und die Welt".

Die Überarbeitung des Verfassungsvertrages sollte nach Ansicht des CDU-Europaabgeordneten Elmar Brok in einer "kurzen und schnellen Regierungskonferenz" geschehen, die möglichst noch im zweiten Halbjahr unter portugiesischer EU-Ratspräsidentschaft abgeschlossen werden sollte. Dann bleibe ausreichend Zeit, das Vertragswerk 2008 zu ratifizieren und zur Europawahl 2009 in Kraft zu setzen. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) ergänzte, es sei höchste Zeit, "Dynamik in den Prozess hineinzutragen".

Am Nachmittag debattierten die Europäischen Konservativen auf einem Gipfel in Berlin eine eigene Erklärung, in die bisherige Integration der EU als Verpflichtung bezeichnet wird, "die europäische Idee für das 21. Jahrhundert neu zu beleben". Gleichzeitig wurden energisch Bestrebungen zurückgewiesen, die EU zu einer Freihandelszone abzuwerten.

EU-Kommissionschef José Manuel Barroso warf unterdessen einigen Mitgliedstaaten vor, der europäischen Idee zu schaden. "Es ist politisch und intellektuell unaufrichtig, dass einige EU-Regierungen Brüssel zum Sündenbock für unpopuläre Maßnahmen machen, die auch von den Mitgliedstaaten getroffen werden", sagte Barroso. Dies schade der europäischen Idee.

Nach Ansicht von Links-Fraktionschef Gregor Gysi hat die EU keinen Grund, kritiklos ihren 50. Geburtstag zu feiern. Der Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge falle mit einer doppelten Krise der EU zusammen. Neben der Krise beim Verfassungsprozess setze sich angesichts der Auseinandersetzungen um das geplante US-Raketenschild die Spaltung in ein "altes" und ein "neues" Europa fort.

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), forderte die EU derweil auf, sich in die Debatte über das umstrittene Raketenabwehrprojekt einzumischen. "Zwar hat die EU konkret nichts zu entscheiden, aber es kann nicht sein, dass sie aus dieser politischen Diskussion herausgehalten wird", sagte der SPD-Politiker.