Bischöfe geben Prodi "Botschaft von Rom" mit nach Berlin

"Genetischer Code der Europäer"

Führende Vertreter der katholischen Kirche in Europa haben dem italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi eine "Botschaft von Rom" zum Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in Berlin mitgegeben. In dem am Samstag in Rom vorgestellten Dokument fordern die Kirchenvertreter eine neue und umfassende Begründung der EU. Nötig sei, die ursprüngliche Dynamik des europäischen Einigungsprozesses wieder zu finden.

 (DR)

Prodi nahm das Dokument am Samstag unmittelbar vor seinem Abflug zum informellen EU-Gipfel in Berlin entgegen. Das Dokument wurde bei einem von der EU-Bischofskommission COMECE zum 50. Jahrestag der Römischen Verträge veranstalteten Kongress in Rom verabschiedet. Daran nahmen mehr als 400 Delegierte von Bischofskonferenzen, Ordensgemeinschaften und katholischen Verbänden teil, aus Deutschland unter anderem der Trierer Bischof Reinhard Marx und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer.

Internationale Zusammenarbeit zur Armutsbekämpfung
In der Botschaft wird die EU aufgefordert, eine internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Armut vor allem in Afrika, gegen die Ausbeutung von Frauen und Kindern und gegen Menschenrechtsverletzungen zu entwickeln. Die EU müsse sich der Ursachen und Folgen des Klimawandels stellen und eine Antwort auf die Globalisierung geben. Dabei müsse ein angemessener sozialer Schutz bewahrt werden.

Die EU müsse sich an der Menschenwürde, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, Frieden und Freiheit, Versöhnung, Solidarität, Rechtsstaatlichkeit, Gerechtigkeit und der Ausrichtung am Gemeinwohl orientieren. Diese Werte seien unverzichtbar, vor allem angesichts neuer nationalistischer und rassistischer Tendenzen in den EU-Mitgliedsländern. An die EU-Mitgliedstaaten appellieren die Kirchenvertreter in ihrer Botschaft, das Leben von der Empfängnis bis zum Tod zu schützen und die Familie als Verbindung von Mann und Frau in der Ehe zu fördern.

"Genetischer Code der Europäer"
Prodi sagte, er teile die in der "Botschaft von Rom" enthaltenen Werte. Diese seien "Teil des genetischen Codes der Europäer". Europa habe das Bedürfnis nach einer gemeinsamen Grundlage und einer Seele. Er plädierte dafür, rasch die EU-Verfassungskrise zu lösen und die EU-Grundrechtecharta in Kraft zu setzen. Der italienische Ministerpräsident bedauerte, dass es nicht gelungen sei, eine Erwähnung des christlich-jüdischen Erbes in die EU-Verfassung aufzunehmen. Er habe sich dafür eingesetzt, sei aber bei einigen Staats- und Regierungschefs auf entschiedenen Widerstand gestoßen. Umso erfreulicher sei es, dass für die Zukunft im Verfassungsentwurf ein strukturierter Dialog mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften vorgesehen sei. Die Fähigkeit, Kulturen und Religionen zusammenzuführen, sei eine der wichtigsten Eigenschaften Europas, so Prodi.