2006 erfolgten rund 120 000 Abtreibungen

Leichter Rückgang auf hohem Niveau

Die Zahl der Abtreibungen ist im vergangenen Jahr um 3,5 Prozent auf rund 120 000 zurückgegangen. 97 Prozent der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach den geltenden Beratungsregeln vorgenommen, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden vermeldete. Medizinische oder kriminologische Indikationen seien nur in weniger als drei Prozent der Fälle als Begründung für den Abbruch angegeben worden.

 (DR)

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche bei unter 18-Jährigen ging den Statistikern zufolge überdurchschnittlich um 5,5 Prozent auf rund 6 600 Fälle zurück. Die meisten Abtreibungen finden mit knapp drei Vierteln (71 Prozent) in der Gruppe der zwischen 18 und 34 Jahren alt Frauen statt, 16 Prozent der Abbrüche gab es bei 35- bis 39-Jährigen. Gut 7 Prozent der Frauen waren 40 Jahre und älter.

Mixa kritisiert mangelndes Unrechtsbewusstsein
Ein schwindendes Unrechtsbewusstsein in der Abtreibungsfrage hat der Augsburger Bischof Walter Mixa kritisiert. Nur eine Minderheit junger Menschen wisse noch, dass ein Schwangerschaftsabbruch laut Paragraf 218 zwar unter bestimmten Voraussetzungen straffrei, aber dennoch rechtswidrig sei. Zudem herrsche unter Politikern allmählich die Meinung vor, es gebe bezüglich des Lebensrechts ungeborener Kinder nur eine Wahrheit, nämlich dass es keine Wahrheit gebe. Dies aber sei eine totalitäre, menschenverachtende Grundeinstellung.

Der Bischof forderte praktizierende Christen auf, Schluss zu machen mit der "katholischen Feigheit", die "Frucht eines falsch verstandenen Toleranzverständnisses" sei. Für Katholiken verbiete sich jedwede Nähe zur vom Staat geduldeten Abtreibungspraktik. Es reiche nicht, den allgemeinen Werteverlust zu beklagen. Vielmehr müssten die Defizite benannt werden. So solle die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der Ehe als das bezeichnet werden, was sie sei, nämlich eine "totale Verwischung"
von Tatsachen. Die embryonale Stammzellforschung kritisierte Mixa als "verkappten Kannibalismus". Ein Mensch dürfe nicht menschliches Leben töten, um sein eigenes zu heilen. Die Forschung mit adulten Stammzellen sei dagegen erwägenswert.

USA als Vorbild
Als beispielhaft bewertete Mixa ein Hirtenwort der Bischöfe in den USA, das alle katholischen Abgeordneten auffordert, klar gegen Abtreibungen Stellung zu beziehen. In Deutschland redeten christliche Politiker gern von ihrer Glaubensüberzeugung als "persönlicher religiöser Ansicht", die sie nicht der
Öffentlichkeit aufdrücken wollten. Dass das Leben mit der Verschmelzung von Ei und Samenzelle beginne, sei jedoch keine religiöse Ansicht, sondern wissenschaftliches Faktum. Auch für das Verhältnis zwischen Kirche und Lebensrechtsorganisationen führte Mixa die USA als Vorbild an. In Deutschland ständen sich beide Seiten leider eher kritisch gegenüber. Ein engeres Zusammenwirken könne aber unzweifelhaft die Stoßkraft erhöhen.