Klimaabgabe für Flugreisen schon heute möglich

Sylt statt Seychellen?

Im Vorfeld des EU-Gipfels am Donnerstag haben Klimaexperten und Politiker das Land der Reiseweltmeister in Aufregung versetzt. "Auf Flugreisen zu verzichten, ist ein guter privater Beitrag zum Klimaschutz. Urlaub in Deutschland oder im benachbarten Ausland ist sehr schön. Und man kommt überall gut mit der Bahn ans Ziel", sagte der Vizevorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Ulrich Kelber, der "Bild am Sonntag". Bundesumweltminister Gabriel forderte, den Flugverkehr in den Emissionshandel mit einzubeziehen. So wären die Fluggesellschaften gezwungen, klimabewußt zu handeln.

 (DR)

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) befürwortet auch die Besteuerung von Flugbenzin. Angesichts von Flügen für 99 Cent nach Mallorca sei ein Ende der Steuerbefreiung akzeptabel, sagte Gabriel am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Diese müsse aber europaweit gelten.

Der SPD-Politiker sagte, es gehe nicht darum, die Flugpreise zu erhöhen, so dass nur noch Reiche fliegen könnten. Wenn die Fluggesellschaften spritsparender arbeiten würden, könnten Flüge sogar günstiger werden.

Umweltabgabe
Gabriel machte sich zudem für eine freiwillige Abgabe bei Flugreisen zur Unterstützung von Klimaschutzprojekten in Entwicklungsländern stark. Bei einem Flug nach Mallorca zahle jeder Passagier bei dem Programm Atmosfair beispielsweise einen Klimaausgleich von 18 Euro. Unter atmosfair.de kann sich jeder Passagier im Internet die Klimabilanz seines Fluges errechnen lassen und eine freiwillige Klimaabgabe dafür entrichten.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) will die Fluggesellschaften in den Klimaschutz einbinden. "Wir werden künftig die Landegebühren nach Emissionen staffeln", sagte Tiefensee der Tagezeitung "Die Welt" (Montagausgabe). Bis zum Jahresende werde sein Ministerium entsprechende Schadstoffeckwerte erarbeiten. Geplant sei ein dreijähriger Feldversuch mit Fluglinien auf freiwilliger Basis. Für die Flugpassagiere solle dies "aufkommensneutral" bleiben, kündigte Tiefensee an.

Beim Luftverkehr sei ein Bündel von Maßnahmen wie die Einbeziehung in den Emissionshandel, die Vermeidung von Warteschleifen über Flughäfen und die Neuordnung von Flugrouten nötig. "Das vermeidet täglich tausende Tonnen unnützer CO2-Emissionen", sagte Tiefensee. Beim Emissionshandel müsse man international weiterkommen. "Ich erkenne nach anfänglicher Ablehnung eine wachsende Zustimmung der Fluggesellschaften zu diesem Instrument", sagte der Minister.

Klaus Töpfer fordert Kerosinsteuer
Der Ex-Direktor des UN-Umweltprogramms Unep, Klaus Töpfer, forderte angesichts der Klimaschädlichkeit des Flugverkehrs eine Verteuerung von Flugreisen. Der Flugverkehr dürfe beim Kampf gegen den Klimawandel nicht ausgenommen werden, da er der am schnellsten wachsende Verkehrssektor sei, sagte der CDU-Politiker der "Frankfurter Rundschau". Die Subventionierung müsse beendet werden.

Töpfer schlug vor, eine Kerosinsteuer einzuführen oder die Airlines in den Emissionshandel einzubeziehen. "Die EU sollte dabei im Alleingang vorangehen", sagte er. Ein Abwarten auf eine globale Lösung dauere zu lange. Europa müsse auch hier "die Führerschaft übernehmen". Töpfer betonte, dass die Subventionierung des Flugverkehrs auch gegenüber den anderen Verkehrsträgern ungerecht sei, die wie Auto und Bahn mit Mineralöl- und Ökosteuer belastet sind.

Fluggesellschaften für Emissionshandel
Die aktuelle Klima-Diskussion stößt bei der Fluggesellschaft Air Berlin auf heftige Kritik. Die Debatte sei "hysterisch", sagte Unternehmenssprecher Peter Hauptvogel am Montag auf ddp-Anfrage. Schließlich liege der Anteil des Luftverkehrs an den CO2-Emissionen bei nur drei Prozent. Auch hätten sich die Emissionen in den vergangenen 20 Jahren um 60 Prozent verringert, da die Triebwerke immer sparsamer und sauberer arbeiteten.

Eine Besteuerung des Flugbenzins hätte nach Angaben Hauptvogels daher vor allem eine Wettbewerbsverzerrung zur Folge, weil Länder wie beispielsweise die USA oder Staaten des persischen Golfs sicher nicht mitmachen würden.

Für eine Teilnahme der Fluglinien am internationalen Emissionshandel sei Air Berlin hingegen offen, fügte der Sprecher hinzu. Auch Landegebühren könnten differenziert nach Emissionen erwogen werden.