Bischof Mixa: "Kolumne der Woche" bei Nachrichtenagentur

"Rolle der Mütter stärken"

Der Augsburger Bischof Walter Mixa hat Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen erneut vorgeworfen, nicht berufstätige Mütter zu benachteiligen. "Durch die einseitige politische Fixierung auf vollberufstätige Mütter fühlt sich die überwiegende Mehrheit der Frauen von der Politik zunehmend an den Rand der Gesellschaft gedrängt", schrieb Mixa in der "Kolumne der Woche" der Nachrichtenagentur ddp.

 (DR)

Die Kolumne von Bischof Dr. Walter Mixa im Wortlaut
Die breite gesellschaftspolitische Diskussion der vergangenen Woche über den geplanten Ausbau staatlicher Fremdbetreuung von Kindern unter drei Jahren, die durch meine Kritik an der Familienpolitik der Bundesregierung ausgelöst worden ist, hat gezeigt, dass auf diesem Gebiet erheblicher Gesprächsbedarf besteht. Durch die einseitige politische Fixierung auf vollberufstätige Mütter fühlt sich die überwiegende Mehrheit der Frauen, die sich bis zum dritten Lebensjahr vollzeit oder überwiegend selbst ihren Kindern widmen möchten, von der Politik zunehmend an den Rand der Gesellschaft gedrängt.

Mit dem Begriff der "Wahlfreiheit" verbinden bislang große Teile der Politik einseitig die Forderung, durch den massiven Ausbau von Kindertagesstätten für Kinder unter drei Jahren, deren Müttern bereits kurz nach der Geburt des Kindes die Aufnahme oder Fortsetzung einer außerhäuslichen Berufstätigkeit zu ermöglichen. Eine solche Familienpolitik dient aber nicht in erster Linie dem Kindeswohl sondern ist vorrangig darauf ausgerichtet, junge Frauen als Arbeitskräfte-Reserve für die Industrie zu rekrutieren.

Wahre Wahlfreiheit bedeutet demgegenüber, durch familienpolitische Maßnahmen auch allein erziehenden und finanziell schlechter gestellten Müttern zu ermöglichen, in den ersten drei Jahren vollzeit für ihr Kind da zu sein. Dass in einer Wohlstandsgesellschaft junge Mütter ihre kleinen Kinder in staatliche Fremdbetreuung geben müssen, um selbst wirtschaftlich überleben zu können, ist das Gegenteil einer humanen Familienpolitik.

Für eine gesunde seelische und geistige Entwicklung brauchen Kinder in den ersten drei Lebensjahren die dauernde Ansprache und Zuwendung durch die Mutter und keine noch so qualifizierte Fremdbetreuung. Das Wohl der Kinder und die Familien selbst müssen deshalb endlich wieder einen höheren Stellenwert erhalten.

Unterstützung verdient in diesem Zusammenhang die Forderung des Familienbundes der Katholiken nach einem Erziehungsgehalt für alle Eltern, durch das diese in echter Wahlfreiheit die Kosten einer außerfamiliären Betreuung oder die Lohnausfälle in Folge eigener Kindererziehung ausgleichen können. Dazu gehört auch eine erweiterte Anerkennung von eigenen Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung sowie eine deutlich verbesserte und sozial abgestufte finanzielle Unterstützung des Staates zugunsten allein erziehender und finanziell schlecht gestellter Mütter.

Wir brauchen in unserem Land familiengerechte Arbeitsplätze und nicht arbeitsgerechte Familien, und das Bewusstsein dafür. Insgesamt bin ich daher zufrieden mit der Diskussion der vergangenen Tage. Ich habe zwar von Seiten der Politik harsche Kritik einstecken müssen, aber die Zustimmung von vielen Familien ebenso wie von allein erziehenden Müttern ist überwältigend.

Mir geht es in erster Linie darum, dass die Bedeutung der Mutter in unserer Gesellschaft wieder aufgewertet und das Wohl von Müttern und Kindern vor arbeitsmarktpolitische Überlegungen gestellt wird. Hier ist die Politik mehr als bisher gefordert. Als Bischof sah ich es als meine Pflicht an, dieser Debatte einen kraftvollen Impuls zu geben und ich bin sicher, dass dieser Impuls versandet wäre, wenn ich meine Kritik an der Familienpolitik der Bundesregierung vorsichtiger formuliert hätte, wie mir jetzt nachträglich vereinzelt geraten wird.

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