Telekom will bis zu 50 000 Mitarbeiter ausgliedern - Sozialethiker Hengsbach kritisiert im domradio unsensible Manager

„Sozialtemperierter Kapitalismus" statt Sozialer Marktwirtschaft

Die Deutsche Telekom will bis zu 50 000 Mitarbeiter in separate Service-Töchter ausgliedern. Von der Ausgliederung betroffen seien rund 49 000 bis 50 000 Beschäftigte, sagte der Vorstandsvorsitzende René Obermann am Donnerstag in Bonn. Bislang hatte die Telekom angekündigt, mindestens 45 000 inländische Beschäftigte der unter Kunden- und Umsatzverlust leidenden Festnetzsparte T-Com sowie eventuell von T-Mobile in drei eigenständige Gesellschaften für Kundenservice und Technik überführen. Der Sozialethiker Friedhelm Hengsbach kritisiert im domradio den "hegemonial auftretenden Kapitalismus" vieler Unternehmen.

 (DR)

Mit der Initiative "T-Service" will der Telekom-Vorstand die Arbeitsbedingungen an das "marktübliche Niveau" anpassen, um die Effizienz zu erhöhen und Kosten zu sparen. Unter anderem soll die Arbeitszeit von derzeit 34,5 auf 38 Stunden pro Woche erhöht werde. Medienberichten zufolge soll zudem die Bezahlung sinken. Der Aufsichtsrat hatte die Pläne bereits am Mittwoch abgesegnet. Zuvor hatten rund 13 000 Mitarbeiter in Bonn dagegen demonstriert.

„Die soziale Marktwirtschaft ist schon längst im Sinkflug"
Angesichts des Aufschwungs in der Deutschen Wirtschaft überraschen die Entlassungen bei BenQ/Siemens und Airbus oder der Konzernumbau bei der Telekom. Der emeritierte Sozialethiker Friedhelm Hengsbach sieht einen Hauptgrund für die aktuellen Schwierigkeiten der betroffenen Unternehmen im ständigen Personalwechsel in den Chefetagen: "Wenn die Belegschaften alle Jahre mit neuen Chefs rechnen müssen und deren neuen Ideen, dann führt das zu Unsicherheit und letztlich zu unzufriedenen Kunden." Zudem fehle den firmen- und teilweise auch branchenfremden Sanierern ein "sensibler Umgang mit Menschen".
„Sozialtemperierter Kapitalismus" statt Sozialer Marktwirtschaft
Das "soziale" der Wirtschaft suche er bereits seit langem vergeblich, so Friedhelm Hengsbach im domradio Interview. Vielmehr bringe „der durch die internationalen Finanzmärkte verstärkte und hegemonial auftretende Kapitalismus" viele Unternehmen in Bedrängnis. Gegen den unmoralischen Umgang mit den Arbeitnehmern nütze kein "kollektives Betteln", sondern es müssten neue, "zukunftsorientierte Manager" her, so der Frankfurter Gesellschaftsethiker weiter. Als „langfristige Orientierung" schlägt Hengsbach einen Ausgleich der verschiedenen Kräfte in einem Unternehmen vor. Die Interessen von Kunden, Belegschaft und Kapitaleignern müssten in gleichem Maße beachtet werden, sonst "geht das Unternehmen den Bach hinunter".

Professor Dr. Friedhelm Hengsbach SJ ist emeritierter Professor für christliche Gesellschafts-ethik und war Leiter des Oswald von Nell-Breuning Instituts in Frankfurt.