Studie zeigt einzelne Kollaborateure - Mehrheit widersetzte sich

Polens Kirche und der Geheimdienst

Erstmals hat ein polnischer Priester eine detaillierte Studie über Widerstand und Zusammenarbeit der katholischen Kirche mit dem kommunistischen Geheimdienst (SB) vorgelegt. Der Autor, der ehemalige Solidarnosc-Pater Tadeusz Isakowicz-Zaleski, war selbst Opfer des totalitären Regimes. Nun geht er der Vergangenheit von Klerikerkollegen nach: 130 Priester der Erzdiözese Krakau auf 600 Seiten. In seinem Buch beschreibt er einige Fälle, in denen sich Geistliche auf eine Zusammenarbeit einließen. Mehrheitlich zeichnet er jedoch ein positives Bild der polnischen Kirche während des Kommunismus.

 (DR)

Ab März 2006 arbeitete Zaleski in den Stasi-Archiven an einem Projekt über die antikirchliche Tätigkeit der kommunistischen Geheimpolizei. "Priester angesichts der Geheimpolizei" ist das Resultat dieser Untersuchungen. Von 130 beschriebenen Priestern hatten demnach 30 Kontakte mit dem SB; 15 hätten bewusst mit dem Geheimdienst zusammengearbeitet.

Der prominenteste Vorwurf: Der damalige Erzbischof von Poznan (Posen), Juliusz Paetz, soll SB-Mitarbeiter gewesen sein.
Allerdings wies der 72-Jährige dies umgehend im polnischen Fernsehen zurück. Zaleski beschuldigt Paetz dagegen, vertrauliche Informationen weitergegeben zu haben.

Im Falle des Bischofs von Tarnow, Wiktor Skworc, spricht Zaleski von "Kontakten", aber nicht von direkter Zusammenarbeit. Dies hatte Skworc aber bereits eingeräumt und selbst eine Überprüfung seiner Akte in Auftrag gegeben. Der heutige Bischof von Rzeszow, Kazimierz Gorny, wiederum habe den informellen Kontakten mit dem SB zwar zugestimmt, aber niemanden denunziert oder kirchliche Geheimnisse verraten, so Zaleski.

Auf 600 Seiten beschreibt der Pater dann auch jene Pfarrer, die dem Druck der Geheimpolizei nicht nachgegeben hätten. Darunter sind zwei heutige Kardinäle, Franciszek Macharski und Andrzej Maria Deskur, mehrere Bischöfe - sowie Antoni Dziwisz, der Bruder des langjährigen Sekretärs von Papst Johannes Paul II., Kardinal Stanislaw Dziwisz. Viele von ihnen haben laut Zaleski ihren persönlichen Preis für Courage und Aufrichtigkeit bezahlt. Macharski etwa hätten die Behörden ein Auslandsstudium verweigert.

Danzigs Erzbischof Tadeusz Goclowski zeigt sich nun zufrieden, dass die Studie veröffentlicht wurde. Zugleich verwies er darauf, dass die eigens eingerichteten kirchlichen Untersuchungskommissionen für die Aufarbeitung der Vergangenheit verantwortlich seien. Auch Antoni Dudek, Historiker des "Instituts für das Nationale Gedächtnis" (IPN), das die Stasi-Akten verwahrt, lobte die Veröffentlichung. Nun müsse sich aber zeigen, ob Zaleski mit seiner Studie für die Erzdiözese Krakau zum Wegbereiter für weitere Untersuchungen werde.