Russlands Präsident trifft am Dienstag Benedikt XVI.

Putin ante Portas

Kaum eine diplomatische Beziehung ist mit so unterschiedlichen Interessen verwoben wie die zwischen dem Vatikan und Russland. Der russische Präsident Vladimir Putin wird am kommenden Dienstag Papst Benedikt XVI. besuchen, um die Kontakte zu vertiefen. Wegen anhaltenden Widerstands aus Teilen der russisch-orthodoxen Kirche wird er den Papst aber kaum nach Russland einladen. Eine solche Geste ist bei Audienzen für Präsidenten im Vatikan normalerweise gang und gäbe.

 (DR)

Noch immer werfen Orthodoxe der katholischen Kirche vor, in Russland Gläubige abzuwerben. Einer Aussöhnung zwischen den beiden Glaubensgemeinschaften steht auf politischer Ebene auch der Konflikt um die mit Rom unierten Ostkirchen in der Ukraine und deren Ansprüche auf enteignete Kirchengüter entgegen.

Die Einrichtung von vier katholischen Diözesen in Russland und die Berufung mehrerer Polen zu Bischöfen hatte 2002 bei der staatsnahen orthodoxen Kirche heftige Proteste ausgelöst. Russland verweigerte auf dem Höhepunkt der Krise einem katholischen Bischof die Wiedereinreise.

Doch seit der Wahl von Joseph Ratzinger zum Papst im April 2005 mehren sich die Anzeichen für Tauwetter zwischen dem Moskauer Patriarchat und dem Vatikan. Vor wenigen Wochen zirkulierten bereits Gerüchte über ein angeblich geplantes Treffen zwischen Benedikt XVI. und dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Alexij II.. Der Ökumene-Kardinal des Papstes, Walter Kasper, hatte Mühe, die unversehens aufgekommenen Erwartungen zu dämpfen. Man arbeite daran, die Bedingungen für eine solche Begegnung zu schaffen, aber noch gebe es keine konkreten Pläne, erklärte der Präsident des Päpstlichen Einheitsrats.

Allerdings zeichnet sich mittlerweile ab, dass ein solches erstes Gipfeltreffen zwischen den beiden Kirchenoberhäuptern voraussichtlich weder in Rom noch in Moskau sondern an einem neutralen Ort wie Wien oder Budapest stattfinden wird. Auf der päpstlichen Reiseagenda klafft im Vergleich zum vergangenen Jahr im Herbst ein auffälliges Loch, in das eine solche Ökumene-Reise passen könnte.

Putin hielt sich mit öffentlichen Äußerungen zum Konflikt zwischen den Kirchen immer zurück. Doch der Staatsmann, der sich erst vor wenigen Tagen von Patriarch Alexij an dessen Geburtstag zum Tee einladen ließ, könnte einen Papstbesuch in Moskau als Werbung für seine Qualitäten als Verfechter des Rechtsstaats, der die Religionsfreiheit anerkennt, gut gebrauchen. Die Einladung an Benedikt wird er aber erst nach einem Treffen zwischen Papst und Patriarch aussprechen können.

Der Vatikan hegt ein starkes Interesse an guten Beziehungen nach Moskau, da die katholische Kirche den orthodoxen ohnehin dogmatisch besonders nahe steht und ökumenische Fortschritte daher viel leichter sind als mit anderen Konfessionen. Ebenso wie im Verhältnis zu den Reformierten steht einer vollständigen Aussöhnung mit Moskau aber der Primat des Papstes entgegen. Benedikt forderte Theologen beider Seiten nach dem Vorbild von Johannes Paul II. auf, nach Wegen für eine gemeinsame Anerkennung der Rolle des römischen Pontifex zu suchen.