Gesetz über Paare ohne Trauschein könnte Grund sein für gestriges Abstimmungsverhalten

Stürzte Prodi über die katholische Kirche?

Nach dem überraschenden Rücktritt der italienischen Regierung wird in Rom über eine Neuauflage eines Kabinetts unter Führung von Romano Prodi beraten. Staatspräsident Napolitano setzte für heute politische Konsultationen mit den Parteivorsitzenden und führenden Abgeordneten beider Parlamentskammern an. Das Mitte-Links-Bündnis kündigte weitere Unterstützung für Prodi an, die Opposition forderte hingegen einen politischen Neuanfang. Patricia Arnold, domradio-Korrespondentin vermutet hinter dem Sturz Prodis die liberale Gesetzgebung im Bereich der Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften.

 (DR)

Vor wenigen Tagen wurde noch Tauwetter zwischen Italien und katholischer Kirche verkündet. Der Vatikan und Italiens Regierung hatten nach einem Streit um die geplante rechtliche Anerkennung von Lebenspartnerschaften erstmals versöhnende Worte gewechselt. Beide Seiten betonten nach einer Begegnung in der italienischen Botschaft beim Heiligen Stuhl, sie hätten ihre Positionen zum Thema in beiderseitigem Respekt geklärt.

Staatspräsident Giorgio Napolitano und Ministerpräsident Romano Prodi nahmen mit Kardinal Staatssekretär Tarcisio Bertone und dem Präsidenten der Italienischen Bischofskonferenz, Camillo Ruini, an den Feierlichkeiten zum Jahrestag der Lateranverträge zwischen Italien und dem Heiligen Stuhl teil. Die Begegnung habe die beiderseitigen Beziehungen gestärkt, hieß es anschließend in einer Presseerklärung der Regierung. Der Meinungsaustausch sei "konstruktiv" gewesen Die Bischofskonferenz bezeichnete das Verhältnis daraufhin als "hervorragend".

Worum war es gegangen? Der Vatikan und Vertreter der italienischen katholischen Kirche hatten den vom Ministerrat verabschiedeten Entwurf für ein Gesetz zur Anerkennung von hetero- und homosexuellen Partnerschaften heftig kritisiert. Papst Benedikt XVI. hatte dies als Angriff auf die Institution Familie und als Verletzung einer von Gott gegebenen Norm verurteilt. Regierungspolitiker wiederum hatten in der Haltung der Kirche eine nicht zu rechtfertigende Einflussnahme auf politische Entscheidungen gesehen.

Die gestrige Abstimmung über die Außenpolitik der Regierung Prodis könnte nun für den eine oder anderen Abgeordneten eine Möglichkeit gewesen sein, mit einem Nein die gesamte Regierungspolitik in Frage zu stellen. Und so kam es dann auch: Bei der Abstimmung im Senat verfehlte die Koalition die notwendige Mehrheit, weil auch einige Abgeordnete aus dem Regierungslager ihre Zustimmung verweigerten. Einer von ihnen ist wohl der hochangesehene und strengkatholische Senator Giulio Andreotti, der sich immer strikt gegen das Gesetz zur Anerkennung von hetero- und homosexuellen Partnerschaften plädiert hatte. Andreotti war insgesamt an 33 Regierungen beteiligt und dabei siebenmal italienischer Ministerpräsident. Dabei stellte er den Rekord der kürzesten und der zweitkürzesten Amtperiode mit 8 bzw. 10 Tagen auf. Er wurde vom italienischen Parlament zum Senator auf Lebenszeit ernannt.