Ziviler Friedensdienst erzielte vor 10 Jahren den Durchbruch

Frieden braucht Fachleute

Konflikte sind unvermeidbar. Aber sie müssen mit friedlichen Mitteln produktiv ausgetragen werden. Und deshalb braucht Frieden Fachleute. So lautet in Kürze die Begründung für die Einrichtung eines Zivilen Friedensdienstes in Deutschland. Seine Gründung war heftig umstritten. Doch die unter dem Eindruck der Kriege im zerfallenden Jugoslawien vor genau zehn Jahren verabschiedete "Berliner Erklärung für einen Zivilen Friedensdienst" brachte den Durchbruch für dieses neue Element deutscher Friedenspolitik.

 (DR)

Rund 200 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sprachen sich am 22. Februar 1997 für die öffentliche Förderung eines solchen nichtstaatlichen Dienstes sowie für die Ausbildung spezieller Friedensfachkräfte aus. Darunter waren der katholische Bischof Hermann Josef Spital, sein evangelischer Mitbruder Wolfgang Huber, die Friedensforscher Carl-Friedrich von Weizsäcker und Johan Galtung sowie Politiker wie Johannes Rau, Rita Süssmuth, Joschka Fischer und Hans Koschnick.

Schon 1994 hatten sich Nichtregierungs- und Entwicklungsorganisationen sowie die Kirchen zum "Forum Ziviler Friedensdienst" in Bonn zusammengeschlossen. Die formale Gründung folgte 1996. Unmittelbar nach dem Regierungswechsel von 1998 schuf das Entwicklungsministerium dann die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für einen Einsatz deutscher Friedensfachkräfte im Ausland.

Mittlerweile gehören 40 Gruppen und etwa 250 Einzelmitglieder dem Forum an. Zudem haben die Friedensexperten seit 1997 in viermonatigen Qualifikationskursen mehr als 250 Kandidaten auf ihren Auslandseinsatz vorbereitet, wie Geschäftsführer Heinz Wagner berichtet. Ob Konfliktanalyse, Vermittlung zwischen verfeindeten Gruppen, psychologische Betreuung Traumatisierter oder Wiedereingliederung von Soldaten - all das gehört zur Arbeit der momentan 140 vom Forum entsandten Experten, die vor allem in Israel und Palästina sowie in Südosteuropa arbeiten.

Mindestens 27 Jahre alt, abgeschlossene Berufsausbildung und
Auslandserfahrung: So lauten die Anforderungen an das Profil der Friedensfachkräfte. "Wir brauchen keine Leute, die sich selbst verwirklichen oder vor Problemen zu Hause weglaufen wollen", sagt Wagner.

Viele der auf drei bis fünf Jahre angelegten Projekte verliefen erfolgreich, zieht der Generalsekretär Bilanz. Wie weit aber einzelne gute Projekte regionale Großkonflikte beeinflussen oder gar entschärfen können, ist schwierig zu sagen. "Wir arbeiten zu sehr mit dem Gießkannenprinzip und bleiben mit unseren begrenzten Mitteln zu halbherzig", räumt er ein. Dem stimmt auch der Vorsitzende des Forums, Tilman Evers, zu: "Um in die Nähe einer tauglichen Größe zu kommen, müsste der Zivile Friedensdienst über die nächsten zehn Jahre auf das Fünffache seines jetzigen Umfangs erweitert werden."

Große Hoffnung setzt das Forum auf Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Sie hatte im vergangenen Jahr eine Aufstockung der Mittel angekündigt und eine Zahl von 500 Friedensfachkräften für das Ende ihrer Amtszeit angepeilt. Für Evers folgt daraus, dass die Mittel von derzeit 17 auf 30 Millionen Euro erhöht werden müssten. Ein unbescheidener Wunsch? Evers verweist darauf, dass allein der Bundeswehreinsatz für die Wahlen im Kongo im vergangenen Jahr mit mindestens 50 Millionen Euro veranschlagt war.