Greenpeace-Chef attackiert deutsche Automobilindustrie und Politik - Regierung plant offenbar Steuererhöhung

Klima-Debatte um deutsche Autos

Die Umweltorganisation Greenpeace hat die deutschen Autobauer scharf kritisiert und ihnen eine völlig verfehlte Modellpolitik vorgeworfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat davor gewarnt, beim Klimaschutz die Interessen der deutschen Automobilindustrie aus dem Auge zu verlieren. Unterdessen plant die Bundesregierung offenbar, Besitzer von klimaschädlichen Autos künftig stärker zu belasten.

 (DR)

Merkel fordert EU-Vorgabe zu CO2-Ausstoß für alle Kfz-Hersteller
Deutschland stemme sich nicht generell gegen die EU-Vorgaben, betonte Merkel am Freitag im Bundesrat. Doch sollten sich die Reduzierungsvorgaben auf alle Kfz-Hersteller "und nicht auf einzelne Hersteller" beziehen. Andernfalls würden besonders einzelne deutsche Automobilbauer getroffen.

Die Europäische Kommission hatte in der vergangenen Woche ihre Strategie zur Verringerung des Auto-Schadstoffausstoßes vorgelegt. Danach sollen die europäischen Automobilhersteller durch eine verbesserte Motortechnik den Kohlendioxid-Ausstoß ihrer Fahrzeuge bis 2012 auf 130 Gramm pro Kilometer verringern. Zusätzlich sollen mehr Biokraftstoffe eingesetzt und dadurch weitere zehn Gramm CO2 pro Kilometer weniger ausgestoßen werden.

Merkel sagte, auch Deutschland teile im Allgemeinen diese Ziele. Doch müsse es darum gehen, dass alle Hersteller ihren Beitrag leisten, um den "durchschnittlichen Flottenverbrauch" zu senken. Die Zielvorgabe dürfe nicht für jeden einzelnen Hersteller gelten.

Regierung plant offenbar Steuererhöhung für klimaschädliche Autos
Die Bundesregierung plant offenbar, Besitzer von klimaschädlichen Autos künftig stärker zu belasten. Wie das Hamburger Magazin "Der Spiegel" vorab unter Berufung auf ein Arbeitspapier des Bundesfinanzministeriums berichtet, soll die Höhe der Kraftfahrzeugsteuer künftig nicht mehr vom Hubraum eines Autos, sondern von dessen Kohlendioxid-Ausstoß abhängen.

Fahrzeuge mit besonders niedrigen Emissionswerten könnten dem Bericht zufolge sogar von der CO2-Steuer befreit werden. "Das Gesetzgebungsverfahren soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden", zitiert das Magazin aus dem Papier. An Mehreinnahmen für die Staatskasse sei zunächst nicht gedacht: Die Steuer werde "über einen Zeitraum von sechs Jahren aufkommensneutral kalkuliert".

Greenpeace-Chef attackiert deutsche Automobilindustrie
Die Umweltorganisation Greenpeace hat die deutschen Autobauer scharf kritisiert und ihnen eine völlig verfehlte Modellpolitik vorgeworfen. "Die deutschen Hersteller haben die Klimadebatte verschlafen", sagte der Chef der weltweiten Organisation, Gerd Leipold, der "Berliner Zeitung" (Freitagausgabe). Statt den Verbrauch der Wagen zu senken, setze die deutsche Autowirtschaft auf immer größere, schnellere und schwerere Autos. "Ökologische Innovationen finden aber kaum statt", bemängelte Leipold.

Als Beispiel dafür nannte er Wagen mit Hybridantrieb. Es sei kein Zufall, dass man zu einem japanischen Hersteller greifen müsse, wenn man einen solchen Wagen wolle, sagte Leipold. Die deutschen Hersteller stünden im internationalen Vergleich beim Klimaschutz ganz hinten. "Das ist mit Blick auf die Zukunft ein Wettbewerbsnachteil. Die deutschen Hersteller haben allen Grund nervös zu sein", betonte Leipold.

Für die Fehlentwicklung machte er auch die deutschen Politiker verantwortlich. "Die Politik darf sich nicht ständig vom Gejammere der Autoindustrie beeindrucken lassen", mahnte der Greenpeace-Chef. Freiwillige Selbstverpflichtungen brächten dem Umweltschutz nicht mehr voran. Leipold forderte unter anderem eine schrittweise Senkung der Kohlendioxid-Obergrenzen für Autos, die Umstellung der Kfz-Steuer auf den Verbrauch und ein Tempolimit.