Führende Kirchenvertreter aus 30 Ländern beraten in Wittenberg

Ökumene statt Karneval

Mehr als 150 Vertreter von Kirchen und ökumenischen Bewegungen aus Europa haben in Wittenberg viertägige ökumenische Beratungen begonnen. Bis Sonntag geht es um das christliche Erbe Europas, die Säkularisierung und ein besseres Miteinander der Konfessionen. Die Delegierten aus rund 30 Ländern wollen die 3. Europäische Ökumenische Versammlung (EÖV3) im September im rumänischen Sibiu (Hermannstadt) vorbereiten.

 (DR)

Der evangelische Magdeburger Bischof Axel Noack rief beim Eröffnungsgottesdienst dazu auf, die Barmherzigkeit Gottes zu bezeugen und zur Gestaltung Europas beizutragen. Die Christen könnten dankbar sein, dass sie ohne trennende Grenzen zusammen kommen könnten. Die in vier westeuropäischen Sprachen gestaltete Feier fand in der Stadtkirche statt, in der schon Martin Luther predigte. Am Freitagabend wird auch Bundespräsident Horst Köhler in Wittenberg erwartet.

Veranstalter der EÖV3 sind die Konferenz Europäischer Kirchen
(KEK) und auf katholischer Seite der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE). Sie eröffneten im Anschluss an den Gottesdienst die "Ökumenische Begegnung" in der Wittenberger Leucorea-Universität. Dabei sagte KEK-Präsident Pfarrer Jean-Arnold de Clermont, die Stadt Luthers symbolisiere die fortwährende Reformation, die die Kirche brauche. Zugleich erinnere der Veranstaltungsort daran, "dass Luther nie eine Trennung wollte, sondern im Gegenteil Einheit im Vertrauen auf die Botschaft Christi".

CCEE-Präsident Kardinal Peter Erdö aus Ungarn nannte die geistliche und kulturelle Einheit Europas eine der großen Herausforderungen für die Christen. Wenn im Herbst rund 2.500 Delegierte in Sibiu zusammenkämen, verbinde sich damit die Hoffnung, dass der ökumenische Dialog zwischen den drei großen Richtungen des europäischen Christentums - Katholizismus, Protestantismus und Orthodoxie - bestärkt werde, so der Erzbischof von Esztergom-Budapest.

Huber mahnt zu klarem Zeugnis
In einem Grußwort betonte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, dass zu vielen aktuellen Themen das klare Zeugnis der Kirchen erwartet werde.
Dazu zählten der Schutz der Menschenwürde, Armutsbekämpfung, der achtsame Umgang mit der Natur sowie "energische Maßnahmen angesichts des Klimawandels".

Der katholische Magdeburger Bischof Gerhard Feige, der in Wittenberg die Deutsche Bischofskonferenz vertritt, sagte, der christliche Glaube sei längst nicht mehr selbstverständlich. In dieser Situation komme dem Umgang der Kirchen miteinander besondere Bedeutung für ihre Glaubwürdigkeit zu.

Das Treffen an der Elbe ist das letzte große Vorbereitungstreffen für die EÖV3. Auf dem Programm der Konferenz steht neben Gottesdiensten auch eine Besichtigung der historischen Schauplätze der Reformation. Den Schlusspunkt bildet am Sonntag ein "ökumenisches Sendungsgebet". Zu den Teilnehmern gehören zwei Kardinäle, an die 30 Metropoliten, Erzbischöfe, Bischöfe und Bischöfinnen. Auch der Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taize, Frere Alois, ist in Wittenberg.

Bei der EÖV geht es weniger um historische und theologische Differenzen als um gemeinsame Aufgaben der Kirchen. Dazu zählen im Sinne der 2001 verabschiedeten Charta Oecumenica die Bewahrung der Schöpfung, das Zusammenleben mit anderen Religionen, Migration oder Globalisierung. Das Treffen in Sibiu vom 4. bis 9. September ist die dritte Europäische Ökumenische Versammlung nach Basel 1989 und Graz 1997.