Der Kölner Rosenmontagszug soll frecher als in den Vorjahren werden

Mit Angela Merkel in die Eiszeit

Frecher und politischer als in den vergangenen Jahren soll der Kölner Rosenmontagszug 2007 werden. "Es ist eine der Hauptaufgaben des Karnevalsnarren, der Öffentlichkeit den Spiegel vorzuhalten", sagte Zugleiter Christoph Kuckelkorn am Dienstag beim Richtfest für die
99 Prunk- und Persiflagewagen. Auch die Religion wird in diesem Jahr nicht ausgespart.

 (DR)

Im vergangenen Jahr hatten sich die kölschen Jecken wegen des Streits um die Mohammed-Karikaturen noch Zurückhaltung auferlegt. Jetzt bezieht unter anderem der Prunkwagen der Gesellschaft "Schnüsse Tring" eindeutig Stellung: Hier ist der christliche Fundamentalismus in der USA ebenso ein Klotz am Bein des Weltfriedens wie der Fundamentalismus im Nahen Osten. Auf dem selben Wagen stehen Bibel, Thora und Koran einträchtig nebeneinander. Und die Karnevalsgesellschaft, die mit ihrem Namen an eine legendäre und besonders schlagfertige Kölner Magd erinnert, verweist darauf, dass man in allen drei heiligen Büchern das Wort Frieden findet.

Überhaupt spielt die internationale Politik seit mehreren Jahren wieder eine größere Rolle im "Zooch". So freuen sich die kölschen Jecken über die Geburt eines männlichen Thronfolgers in Japan. Beim Präsidentenwahlkampf in Frankreich steht der gallische Hahn erstmals einer boxhandschuhbewehrten Henne gegenüber, was mit viel Pappmasse, Farbe, Draht und Sperrholz recht überzeugend umgesetzt wurde.

Auch deutsche Verhältnisse werden bei dem rund sieben Kilometer langen Umzug kritisch kommentiert. Schon im ersten Persiflagewagen gibt es als Hommage an den "Fluch der Karibik" eine bitterböse Abrechnung mit dem Stellenabbau in der Region Köln. Die kölschen Urgestalten Tünnes und Schäl werden von einem fiesen Piratenkapitän über die "Abfindungsplanke" geschickt. Die Namen Bayer, Gerling und Allianz auf den Totenkopfsegel der Seeräuber erinnern an die Arbeitsplatzverluste.

Eine anderen Umzugswagen zeigt wohlbeleibte Manager, die sich über Erfolgsprämien und steigende Aktienkurse freuen, während Arbeiter die Entlassungspapiere in der Hand halten. Auch die Mehrwertsteuererhöhung und die Freigabe der Ladenöffnungszeiten sorgen für Spott auf den Persiflagewagen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) findet sich gleich mehrfach im Rosenmontagszug wieder. So will sie im schwarz-rot-goldenen Bikini die zaudernden Deutschen zum Sprung in "Reformschwimmbecken" locken. In Anlehnung an den Kinoerfolg "Ice Age" tritt sie zudem als das notorisch glücklose Eichhörnchen Scrat auf, das mit Franz Müntefering (SPD) wegen des Tauwetters in der großen Koalition zu kämpfen hat. Und schließlich blickt sie wenig begeistert auf den Gashahn, an dem der russischen Präsident Putin dreht. Auf dem Ventil hat sich mit gut gefüllten Taschen Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) niedergelassen.

Ansonsten setzen die Kölner Wagenbauer auf lokale Themen. Die Beliebtheit der Domstadt bei chinesischen Touristen wird ebenso durch den Kakao gezogen wie die entnervenden U-Bahn-Baustellen. Ein immer wieder beliebtes Thema ist die Rivalität zu Düsseldorf. Während der Neandertaler aus der Landeshauptstadt bereits am aufrechten Gang scheitert, ist seinem kölschen Nachbarn längst die Erfindung der "Flönz" (rheinischen Blutwurst) gelungen. Auch die Dopingproblematik löst der Kölner souverän. Wo andere Radprofis zur Chemie greifen, muss der Rheinländer nur am "Pittermännchen" (kleines Fass Kölsch) nuckeln.
ddp-Korrespondent Markus Peters