Europaforscher lobt im domradio Sicherheitskonferenz - brisantes Weltall-Thema wird erst jetzt öffentlich

"Provokativ, aber offen"

Die Rede des russischen Präsidenten, die Antwort des US-Verteidigungsministers, das iranische Atom-Programm: Die Münchner Sicherheitskonferenz war eine der interssantesten der vergangenen Jahre, meint Thomas Bauer vom Centrum für angewandte Politikforschung CAP. "Themen wurden offen diskutiert." Aber nicht alle: Die Angst vor einem Wettrüsten im Weltall wurde hinter den Kulissen erörtert.

 (DR)

Angst vor Wettrüsten im Weltall
Die scharfen Attacken des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die USA beherrschten die öffentlichen Diskussionen während der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende. Der jüngste Paukenschlag der aufstrebenden Weltmacht China im Weltall wurde dagegen nur hinter den Kulissen erörtert. Einer der Teilnehmer an den brisanten Gesprächen berichtete der Nachrichtenagentur ddp, dass bei diesen internen Diskussionen das "längst begonnene Wettrüsten im Weltall ein sehr sorgenvolles Thema war".

Beim Austausch der Gedanken außerhalb des Münchner Konferenzsaales ist nach Angaben von Diplomaten und Militärs der im Januar gelungene Versuch der Chinesen, mit einer Anti-Satelliten-Rakete von der Erde aus einen eigenen ausgedienten Satelliten auf seiner Umlaufbahn im Orbit abzuschießen, "mit größter Aufmerksamkeit registriert worden". China habe damit die amerikanischen und russischen Bemühungen beim "überirdischen Wettrüsten" bei weitem überflügelt, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Das sei ein "Schuss vor den Bug" vor allem der Amerikaner, aber auch der Russen gewesen. China habe bewiesen, dass es Washington und Moskau beim Kampf um die Vormacht im Weltall einmal ausschalten könne. Peking könne jetzt ohne weiteres "feindliche Satelliten je nach der erforderlichen Lage abschießen".

Gefahr wie bei der Entwicklung der ersten Atomwaffen
Putin hatte das Thema China und dessen Vormachtstreben im All ausgespart. In allgemeiner Form hatte er lediglich wissen lassen, er wolle in Kürze einen Vertrag zum Verbot einer Stationierung von Waffen im Orbit vorschlagen. "Die Militarisierung des Weltalls kann unabsehbare Folgen für die Weltgemeinschaft haben", betonte er. Die Welt stehe vor einer ebenso weitreichenden Gefahr wie bei der Entwicklung der ersten Atomwaffen.

Der frühere amerikanische Präsident Lyndon B. Johnson hatte schon 1957 nach dem ersten für die westliche Hemisphäre völlig überraschenden Start des sowjetischen "Sputnik" zukunftsweisend erklärt: "Dort draußen im Weltraum liegt jene überragende Stellung, von der aus die totale Kontrolle über die Welt ausgeübt werden kann".

"Krieg im Weltraum"
Washington plane genau wie Russland und China den "Krieg im Weltraum", erläuterten hochrangige Offiziere. Wenn nicht schnell Waffen zum Schutz der eigenen Satelliten entwickelt würden, drohe den Vereinigten Staaten ein "kosmisches Pearl Harbor". "Dieses Trauma darf sich für uns nicht im All wiederholen", sagte ein US-Offizier am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Der US-Flottenstützpunkt auf der Hawaii-Insel Oahu wurde am 7. Dezember 1941 durch japanische Kampfflieger angegriffen.

Der US-Staatssekretär für Rüstungskontrolle, Robert Joseph, hatte schon Ende vergangenen Jahres einer "Reihe von Staaten vorgeworfen, die Fähigkeit anzustreben, amerikanische Raumfahrtsysteme anzugreifen und zu vernichten". Die Amerikaner würden sich jedoch das Recht vorbehalten, sich "gegen feindliche Angriffe und Störungen unseres Eigentums im Weltall zu verteidigen". Um die eigene Vormacht im Weltraum zu sichern, haben die USA auf der Peterson Airforce Base in Colorado ein Weltraum-Kontrollgeschwader aufgestellt. Von dieser militärischen Spezialeinheit werden Waffen für das All getestet. Die US-Armee brauche "praktische Erfahrungen mit solchen Systemen, um mit Russland und China mithalten zu können", heißt es in den Anweisungen für das Geschwader.

"Provokativ und offen"
"Es war eine der interessanteren Sicherheitskonferenzen im Vergleich zu den vergangenen Jahren", bewertet Thomas Bauer vom Centrum für angewandte Politikforschung CAP das Münchner Treffen im domradio-Interview. Die Rede von Wladimir Putin sei zwar sehr provokativ gewesen. Auf der anderen Seite sei die Einladung des US-Verteidigungsministers zum einem Moskaubesuch eine Handreichung gewesen, um die eigenen Provokationen gleich wieder zu glätten.

"Viel bemerkenswerter als die lauten, offensichtlich harten Töne war die offene Gesprächsatmosphäre. Themen, die früher nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert wurden, waren diesmal Teil der Tagesordnung."

Mit dem Atomprogramm des Iran müsse man sich abfinden, so Bauer. Die eigentliche Frage sei, wie weit der Iran in diesen nuklearen Zyklus hineingehen wolle. "Kann man zum Beispiel den Iran davon abhalten, die Urananreicherung auf eigenem Boden durchzuführen?"