NRW-Gesetz zu Durchsuchungen aber weiter gültig

Online-Durchsuchungen unzulässig

Das Karlsruher Urteil habe „nichts mit dem neuen Verfassungsschutzgesetz des Landes NRW zu tun“, sagte eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums am Montag. Allerdings seien die „Hürden für einen solchen Eingriff in das informelle Selbstbestimmungsrecht sehr hoch“.
SPD-Politiker fordern bundesweit hohe gesetzliche Hürden für heimliche Online-Durchsuchungen. Solche Aktionen müssten die Ausnahme bleiben, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, der "Berliner Zeitung". "Der private Lebensbereich muss ein absolutes Tabu sein", fügte er hinzu. Der Bundesgerichtshof hatte am Montag heimliche Online-Durchsuchungen als unzulässig eingestuft, weil es an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage fehle.

 (DR)

Zudem dürften die Ermittler dieses Instrument nur auf Anordnung eines Richters anwenden, forderte Wiefelspütz. Darüber hinaus müsse der Verdächtige benachrichtigt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am Montag die sogenannte "Online-Durchsuchung" gestoppt. Mit ihr sollten Polizeibeamte unbemerkt Zugriff auf Computer von Verdaechtigen erhalten. Das bei Polizisten beliebte Verfahren war durch kein Gesetzt gedeckt. Das will die Politik jetzt nachholen und eine bundeseinheitliche Regelung schaffen.

Der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner (SPD) warnte vor Schnellschüssen. "Gesetzgeberischer Aktionismus ist nicht angebracht", sagte Stegner der Zeitung. Es müsse sorgsam mit den Rechten der Bürger umgegangen werden. Es könne nicht darum gehen, Freiheiten immer stärker zu beschränken. Er verwies darauf, dass die Polizei bereits jetzt über viele Möglichkeiten verfüge, Straftaten im Internet, wie etwa Kinderpornografie, zu verfolgen. "Die Hürden für Computer-Durchsuchungen müssen hoch sein", unterstrich Stegner.

Durchsuchungen dürfen nicht heimlich stattfinden
Ermittlungsbehörden dürfen Computer von Verdächtigen nicht heimlich mittels einer Online-Durchsuchung ausspionieren. Ein solcher Eingriff sei unzulässig, weil es an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehle. Nach der Strafprozessordnung müsse eine Durchsuchung "offen" stattfinden, hieß es in dem am Montag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie Rechtsexperten der großen Koalition forderten daraufhin, rasch eine entsprechende rechtliche Grundlage zu schaffen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar verlangte hingegen von der Politik, ihre Pläne aufzugeben. "Angesichts der verfassungsrechtlichen Bedenken und der aus meiner Sicht unlösbaren praktischen Fragen rate ich davon ab, das Projekt Online-Durchsuchungen weiter zu verfolgen", sagte Schaar. Online-Durchsuchungen würden "das Vertrauen in die Sicherheit des Internets erheblich beschädigen".

Rechtsgrundlage schaffen
Schäuble sagte hingegen: "Aus ermittlungstaktischen Gründen ist es unerlässlich, dass die Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit haben, eine Online-Durchsuchung nach entsprechender richterlicher Anordnung verdeckt durchführen zu können." Hierdurch könnten regelmäßig wichtige weitere Ermittlungsansätze gewonnen werden. Der Minister verlangte eine "zeitnahe Anpassung der Strafprozessordnung".

Die große Koalition will so schnell wie möglich Konsequenzen aus der BGH-Entscheidung ziehen. Das kündigten die Rechtsexperten von CDU/CSU und SPD, Wolfgang Bosbach und Dieter Wiefelspütz, an. Nötig sei eine bundesweit einheitliche Rechtsgrundlage, die einen solchen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre nur erlaube, wenn ein Richter sie angeordnet habe, sagten beide Politiker. "Ein solches Mittel ist unerlässlich, weil wir sonst eine erhebliche Ermittlungslücke bei der Strafverfolgung haben", gab Bosbach zu bedenken. Die Koalition müsse das Gesetzgebungsverfahren nun "zügig, aber ohne Hektik" angehen, erklärte Wiefelspütz.

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, sagte, gerade bei schweren Verbrechen wie zum Beispiel Kinderpornografie oder terroristischen Vorbereitungen könnten mit verdeckten Online-Durchsuchungen weitere wichtige Ermittlungsansätze gewonnen werden. Dabei werden die im Computer eines Verdächtigen gespeicherten Dateien mit einem Programm ("Trojaner-Software") durchsucht und kopiert, das zuvor ohne Wissen des Betroffenen installiert wurde.