Kölner Verein will die Nachlässe bedeutender Architekten und Kirchen bewahren - nicht allen Kirchenoffiziellen gefällt das

Nicht nur Rosinenpickerei

Es sind die Schätze der deutschen Baugeschichte. Große Museen reißen sich um die Nachlässe stilprägender Architekten. Gelockt wird schon zu deren Lebzeiten mit Ausstellungen und wissenschaftlicher Betreuung, vielleicht auch mit Geld. Besonders in Nordrhein-Westfalen liegen viele solcher Schätze; vor allem im Rheinland hatten und haben viele auch international renommierte Baumeister ihr Büro. Um ihre Nachlässe will sich jetzt ein Kölner Verein kümmern. Und um Kirchen im Ruhrbistum Essen - was den Kirchenoffiziellen gar nicht gefällt.

 (DR)

"Immer das Nachsehen"
"Wenn es um die Sicherung von Nachlässen geht, haben wir immer wieder das Nachsehen", klagt Walter von Lom, Vorsitzender des "Architektur Forum Rheinland". Mit einer Öffentlichkeitskampagne will der Kölner Verein dem jetzt entgegenwirken.

Gerade erst habe das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt/Main "Rosinenpickerei" betrieben und sich "die schönsten Stücke" aus dem Büro von Gottfried Böhm gesichert. Der Kölner sei immerhin der einzige deutsche Pritzker-Preisträger, dem "Oscar" für Architekten. Er entwarf zahlreiche Kirchen, aber auch die Kölner WDR-Arkaden. Bekannt wurde seine Idee, den Reichstag mit einer Glaskuppel zu versehen.

Der Nachlass von Verena Dietrich, eigenwillige Architektin und beliebte Dozentin, sei ebenfalls an den Main gegangen. Auch das Architekturmuseum der TU München sei ein einflussreicher Sammler, beschreibt von Lom die Szene.

"Stärkung der Architektur als Exportgut"
Das Forum will nicht nur Nachlässe für Nordrhein-Westfalen sichern und so die Erinnerung etwa an die Siedlungsbauten der 20er Jahre oder die Kirchenbauten nach 1945 bewahren - beides auch international beispielhaft. Es will auch die Aufmerksamkeit auf die konservatorisch empfindlichen Konvolute aus Briefen, Zeichnungen und Modelle lenken, die schon in  Archiven lagern, aus Geld- und Personalmangel aber nicht bearbeitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Dies gelte etwa für das Historische Archiv der Stadt Köln, das neben dem Diözesanmuseum die meisten Zeugnisse rheinischer Architekten und rheinischer Baukultur besitze.

Vereins-Geschäftsführer Jörg Beste appelliert an Landesbauminister Oliver Wittke (CDU), seinem Aufruf zur "Stärkung der Architektur als Exportgut" auch Geld folgen zu lassen. Nicht nur die Studenten an den renommierten Ausbildungsstätten in Aachen, Düsseldorf und Köln bräuchten eine zentrale Stelle, an der sie sich über vorbildliche Architekturleistungen der Vergangenheit informieren können. Beste kann sich auch zwei solcher Stätten vorstellen, die eine vom Landschaftsverband Rheinland, die andere vom LVR Westfalen-Lippe unterstützt.

Vortragsreihe zur Schließung der Gotteshäuser
Ein weiteres aktuelles Thema für das Architekturforum ist die Schließung von Kirchen. Allein im Ruhrbistum Essen soll jedes dritte der insgesamt rund 300 Gotteshäuser aufgegeben werden. Im Rheinland sieht die Situation nicht viel besser auch, sinkende Gläubigenzahlen und sinkende Einnahmen durch Kirchensteuern betreffen Katholiken ebenso wie Protestanten.

Mit einer über zwei Jahre laufenden Vortragsreihe will man die Öffentlichkeit für dieses Problem sensibilisieren. Dabei geht es dem Architekturforum nicht allein um die Erhaltung der reinen Bausubstanz, sondern auch um Kirchen als topografische und soziale Orientierungspunkte.

"Viel zu spät"
Den Kirchenoffiziellen kämen öffentliche Diskussion darüber allerdings nicht unbedingt gelegen, klagt Beste. So habe der Bund Deutscher Architekten im vorigen November Hausverbot erhalten, als er in St. Engelbert (1934 von Dominikus Böhm erbaut) mit einer "Speisung mit Kunst und Kultur" auf die soziale Bedeutung dieser Essener Kirche und den Verlust hinweisen wollte, den die geplante Aufgabe des Gotteshauses für die Gemeinde darstelle.

Ein Sprecher des Bistums Essen sagte hingegen auf ddp-Anfrage, dass sich der Architektenbund mit der geplanten Veranstaltung viel zu spät an das Bistum gewandt habe. Auch widerspreche die geplante Mahlzeit in der Kirche der Bestimmung als Gotteshaus.