Gegenstimmen aus der Koalition - Opposition wirft Regierung Versagen vor

Bundestag verabschiedet Gesundheitsreform

Der Bundestag hat am Freitag in Berlin die Gesundheitsreform verabschiedet. Nach einer dreieinhalbstündigen Debatte stimmten Union und SPD bei Gegenstimmen aus den eigenen Reihen für die Reform. FDP, Linksfraktion und Grüne lehnten sie ab.
Der Bundesrat muss der Reform noch zustimmen. Sie soll am 1. April in Kraft treten.

 (DR)

In der namentlichen Abstimmung sprachen sich 378 Abgeordnete für die Reform aus, 207 stimmten dagegen. Acht Parlamentarier enthielten sich der Stimme. 593 von 614 Parlamentsmitgliedern gaben ihre Stimme ab. Bei mehr als 140 Gegenstimmen aus den eigenen Reihen hätte die Koalition die Mehrheit verfehlt.

Schmitd: "Gute Leistungen für alle Menschen"
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) verteidigte den Gesetzentwurf. Schmidt versicherte, dank der Reform könnten auch künftig "gute Leistungen für alle Menschen zu bezahlbaren Preisen" erbracht werden. Dabei sei es "solidarisch, wenn alle den gleichen Prozentsatz für die Versorgung aufbringen", fügte die Ministerin mit Blick auf den Gesundheitsfonds hinzu. Als "großen gesundheitspolitischen Durchbruch" bezeichnete sie die Einführung der allgemeinen Versicherungspflicht. "Für Menschen ohne Schutz heißt es jetzt: 'Willkommen in der Solidarität.'"

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle warf dagegen der Koalition vor, mit der Reform den "Weg in Richtung von noch mehr bürokratischer Staatswirtschaft" zu beschreiten. Er warnte zugleich vor Steuererhöhungen als Folge der Reform: "Sie erhöhen die Beiträge, Sie führen die Planwirtschaft durch den Gesundheitsfonds ein, Sie erhöhen die Steuern, und Sie machen die Leistungen für die Versicherten und Patienten schlechter", hielt Westerwelle der Bundesregierung vor.

Links-Fraktionschef Gregor Gysi kritisierte, die Reform werde zu Beitragssteigerungen führen, weil nach dem Willen der Koalition alle gesetzlichen Krankenkassen bis Ende 2008 entschuldet sein müssen. Eigentliches Ziel der Reform sei es, "der Wirtschaft zu dienen". Nach der Einführung des Gesundheitsfonds 2009 dürften nur noch die Beiträge der Versicherten erhöht werden, während die Sozialabgabe der Unternehmen "prozentual dann nie wieder gesteigert werden" dürfe. Dies habe "mit sozial und mit solidarisch gar nichts zu tun".

Künast: "Tragikkomödie"
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast bezeichnete den schwarz-roten Verhandlungsmarathon der vergangenen Monate als "Tragikkomödie". Dabei sei bei den Menschen "die Illusion baden gegangen, dass eine so genannte große Koalition große Probleme lösen könnte". So habe die Koalition nicht nur keine Verständigung über die künftige Finanzierung des Systems erzielt, sondern auch auf massive Eingriffe auf der Ausgabenseite verzichtet. "Die letzten behaupteten Durchbrüche Ihrerseits waren keine Durchbrüche, sondern Kniefälle vor den großen Lobbys im Bereich Gesundheitswesen", monierte Künast.

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) wies die Kritik an dem Reformwerk entschieden zurück. "Die Gesundheitsreform ist wesentlich besser als ihr Ruf", betonte er. Nutznießer seien in erster Linie die Versicherten und Patienten. So werde das anerkannt hohe Niveau des deutschen Gesundheitssystems mit der Reform gesichert. Zugleich komme es erstmals bei einer Gesundheitsreform weder zu verschärften Zuzahlungsregelungen noch zu Einschnitten in den Leistungskatalog. Vielmehr würden "bestehende Versorgungslücken zum Wohle der Versicherten geschlossen".