Berlin-Niederlassung von Scientology weiter in der Kritik

"Im Schafspelz einer Religionsgemeinschaft"

Die Kritik an der Scientology-Organisation anlässlich der Eröffnung ihrer Berlin-Niederlassung am Samstag hält an. "Im Schafspelz einer Religionsgemeinschaft werden Menschen bedrängt und Geschäfte gemacht", erklärte der Berliner Bischof Wolfgang Huber in der Berliner Zeitung "B.Z.". Die Aggressivität der Scientologen sei vielfach belegt, betonte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Über die Einweihung berichtet aus Berlin Dominik Rzepka.

 (DR)

CDU gegen Verharmlosung
Auch die Kirchenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Griese, wertete die Hauptstadt-Repräsentanz als Grund zur Besorgnis. Scientology stehe im Gegensatz zu den demokratischen Freiheitsrechten, erklärte Griese. Sie rief zur Wachsamkeit auf. Es dürfe keine funktionierende Lobbyarbeit von Scientology im Umfeld des Parlaments und der Regierung geben.

Die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus warf der SPD-Fraktion vor, kein klares Konzept für den Umgang mit Scientology zu haben. Die Errichtung der Hauptstadt-Repräsentanz werde als Umzug an eine prominentere Adresse verharmlost, kritisierte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Frank Henkel. Er bekräftigte die Forderung seiner Partei, Scientology durch den Berliner Verfassungsschutz beobachten zu lassen.

Forderung nach mehr Überwachung
Auch die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
(EZW) forderte eine Überwachung. Zur Ideologie von Scientology gehöre massive Kritik an der Demokratie, sagte der Scientology-Experte Arnd Diringer vor Journalisten in Berlin. Die Organisation verbiete ihren Mitgliedern jede Abweichung. Diringer wandte sich gegen eine Anerkennung von Scientology als Religionsgemeinschaft. Die öffentlich in Erscheinung tretende Scientology-"Kirche" sei nur ein kleiner Teil der Organisation.
Scientology sei erheblich weiter verzweigt als allgemein bekannt und agiere vor allem gesellschaftspolitisch.

EZW-Sprecher Michael Utsch bezeichnete die Organisation als Gefahr vor allem für Jugendliche. Sie wirke durch ihre Kurse anziehend auf Menschen, die auf der Suche nach Identität seien. Utsch betonte zugleich, dass die Expansionsbestrebungen von Scientology in Deutschland weniger erfolgreich seien als in anderen Ländern. Er führte dies auf ein historisch geprägtes generelles Misstrauen der Deutschen gegenüber neuen Ideologien zurück. Derzeit hat Scientology nach seinen Angaben bis zu 150 Mitglieder in Berlin.

"Skrupellose Geldmaschine"
Auch Sektenpfarrer Thomas Gandow hat vor einer falschen Toleranz gegenüber der Organisation gewarnt. Scientology sei "eine skrupellose Geldmaschine", sagte der Berliner Sektenexperte in einem Interview der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen". Das neue Hauptquartier in Berlin solle zeigen, dass Scientology in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei, kritisierte der Berliner Sektenbeauftragte.

Nach Auffassung Gandows müsste die Organisation verboten werden, weil sie "betrügerisch vorgeht, gegen das Heilpraktikergesetz verstößt und Kurse zu Wucherpreisen verkauft". Der Konzern wolle "seine Geldmaschine ohne staatliche Behinderung betreiben, man will die Macht im Staat übernehmen und Gesetze so ändern, dass die Ziele und Tätigkeiten von Scientology legal werden". Opfer der Organisation kommen nach Einschätzung Gandows durch überhöhte Kursgebühren innerhalb von zwei Jahren auf Kosten zwischen 50.000 und 250.000 Euro.

In Berlin wird die umstrittene Organisation auf Grund eines Gerichtsverfahrens seit mehreren Jahren nicht mehr durch den Verfassungsschutz beobachtet. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes im Jahr 1995 steht der Organisation nicht der Status einer Religionsgemeinschaft zu. Gegründet wurde Scientology 1954 von dem amerikanischen Science-Fiction-Autor Lafayette Ronald Hubbard.