Vatikan bezeichnet Hussein-Urteil als "Verbrechen" - auch Pax Christi übt im domradio starke Kritik

Kirche verurteilt Todesstrafe

Der Vatikan hat die Todesstrafe für den ehemaligen irakischen Diktator Saddam Hussein scharf verurteilt. "Die Todesstrafe ist ein Verbrechen, wenn sie nicht nötig ist, und in diesem Fall ist sie nicht nötig", betonte am Montag der Präsident des Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden, Kardinal Martino.

 (DR)

Der Vatikan hat die Todesstrafe für den ehemaligen irakischen Diktator Saddam Hussein scharf verurteilt. "Die Todesstrafe ist ein Verbrechen, wenn sie nicht nötig ist, und in diesem Fall ist sie nicht nötig", betonte am Montag der Präsident des Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden, Kardinal Martino. - Auch die Deutsche Sektion der internationalen Friedensbewegung Pax Christi sprach sich gegen das Urteil aus. Das Leben läge nicht in der Hand des Menschen, sagte Pax-Christi-Vizepräsident Johannes Schnettler im domradio-Interview. "Wir dürfen uns nicht als Richter über Leben und Tod aufspielen."

Internationaler Gerichtshof hätte urteilen sollen
"Ein Verbrechen mit einem anderen Verbrechen zu bestrafen hieße, der Logik des Auge um Auge nachzugeben", sagte der vatikanische Sozialminister Kardinal Renato Raffaele Martino dem "Corriere della Sera" (Montag). "Wenn die Todesstrafe nicht unbedingt notwendig ist, bedeutet sie ein Verbrechen, und in diesem Fall ist sie nicht notwendig", fügte er hinzu. Nach Ansicht des Kardinals war es ein Fehler, den Ex-Diktator nicht vor einen internationalen Gerichtshof, wie den von Den Haag, zu stellen, wo die Todesstrafe grundsätzlich nicht verhängt wird.

Der Chefredakteur der Jesuitenzeitschrift "Civilta Cattolica", Michele Simone, sagte, eine Hinrichtung Saddams wäre kein Beitrag zum Frieden und trüge nicht zur Lösung der Krise im Irak bei. "In der heutigen Situation im Irak, wo es Tag für Tag de facto Hunderte von Todesurteilen gibt, würde ein zusätzliches zu nichts dienen", sagte er im "Radio Vatikan". Dagegen beschränkte sich Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone am Rand eines Jubiläums-Gottesdienstes in der Toskana-Stadt Pienza auf ein "Kein Kommentar".

Die katholische Lehre schließt die Todesstrafe nicht kategorisch aus. Allerdings gebe es für deren Verhängung heute praktische keine Notwendigkeit mehr, heißt es im aktuellen Katechismus der katholischen Kirche. Der Staat verfüge heute über genügend andere und unblutige Mittel, um Verbrechen zu bekämpfen und Schuldige aus dem Verkehr zu ziehen. Nach der Enzyklika "Evangelium vitae" von Papst Johannes Paul II. seien Hinrichtungen nur dann gerechtfertigt, wenn sie das einzige Mittel seien, um den Täter an weiteren Verbrechen zu hindern.

Der Vatikankardinal kritisierte in diesem Zusammenhang die ürnberger Prozesse gegen Nazi-Kriegsverbrecher, bei denen zahlreiche Todesstrafen ausgesprochen und vollstreckt wurden. Gerichte der Sieger, wie im Fall der Verfahren gegen Nazi-Kriegsverbrecher nach dem Zweiten Weltkrieg sollten Martino zufolge der Vergangenheit angehören.