Kirchliche Großveranstaltungen locken viele Jugendliche - Aber fromm machen sie nicht

Eine Party macht noch keinen Glauben

Den Kirchen schwinden die Gläubigen. Gleichzeitig finden religiöse Massenveranstaltungen wie der katholische Weltjugendtag oder der Deutsche Evangelische Kirchentag eine wachsende öffentliche Resonanz und werden auch von immer mehr Menschen besucht. Besonders interessant: Während der sonntägliche Kirchgang vor allem für die Alten noch zur guten Tradition gehört, pilgern gerade die Jugendlichen zu den religiösen Events.Was fasziniert Jugendliche an religiösen Massenveranstaltungen?„Ich gehe dort hin, weil ich neue Leute treffe und eine fette Party machen kann", sagt Caroline Peters von der evangelischen Landesjugendvertretung in Münster.

 (DR)

Den Kirchen schwinden die Gläubigen. Gleichzeitig finden religiöse Massenveranstaltungen wie der katholische Weltjugendtag oder der Deutsche Evangelische Kirchentag eine wachsende öffentliche Resonanz und werden auch von immer mehr Menschen besucht. Besonders interessant: Während der sonntägliche Kirchgang vor allem für die Alten noch zur guten Tradition gehört, pilgern gerade die Jugendlichen zu den religiösen Events.

Was fasziniert Jugendliche an religiösen Massenveranstaltungen?
„Ich gehe dort hin, weil ich neue Leute treffe und eine fette Party machen kann", sagt Caroline Peters von der evangelischen Landesjugendvertretung in Münster. Die 18-Jährige hat schon zwei Kirchentage und den katholischen Weltjugendtag in Köln besucht. Der Jugendforscher Heiner Barz aus Düsseldorf drückt das so aus: „Die Jugendlichen suchen eine Gemeinschaft auf Zeit und ohne Verpflichtungen", sagt der Professor für Erziehungswissenschaften.

Für Caroline Peters sind Glaubensfragen zunächst zweitrangig. Sich auf den Veranstaltungen über gemeinsame Interessen auszutauschen, in Workshops mitzuarbeiten oder gesellschaftliche Themen zu diskutieren, findet sie wichtiger. Den eigenen Glauben zu hinterfragen und zu vertiefen, das geschehe „eher nebenbei", so Peters. Gleichwohl seien die Events ein Versuch, „den Glauben in der Gemeinschaft zu leben".

Diese besondere Gemeinschaft hat der Philosoph Herbert Schnädelbach in der Wochenzeitung „Die Zeit" nach dem Kirchentag 2005 beschrieben: „Der fremde Besucher ist hier zunächst beeindruckt von einem einzigartig entspannten sozialen Klima. Man trifft nur friedliche, freundliche, offene, hilfsbereite und unendlich interessierte Menschen". Ein „spiritueller Oberton" bilde den „ersehnten Kontrast zum prosaischen Alltag". Schnädelbach: „Damit kann kein anderes kulturelles Medium konkurrieren; hier ist Religion durch nichts zu ersetzen."

Großveranstaltung ist nicht Alltag
Doch die Großveranstaltung ist nicht Alltag. Und deshalb ist es schwer zu sagen, was übrig bleibt. Die neueste Shell-Jugendstudie entdeckte keine Renaissance der Religion unter den Jugendlichen. Zwar hätten sie eine „prinzipiell wohlwollende Einstellung zur Kirche", erklärten die Bielefelder Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann und Mathias Albert. 69 Prozent finden es gut, dass es eine Kirche gibt.
Aber nicht wenige Jugendliche meinten auch, dass sich die Kirche ändern müsse und dass sie keine Antwort auf ihre Fragen habe.

Überhaupt scheinen die Jugendlichen, zu deren Patchwork-Christentum wie selbstverständlich auch Astrologie, Geister und buddhistische Heilslehren gehören, noch einmal stärker zwischen Religion und Institution Kirche zu differenzieren. So meint auch Jugendforscher Barz, dass die religiösen Massenveranstaltungen nicht der Rechtgläubigkeit im Sinne der Kirchen dienen könnten. „Nach dem Weltjugendtag glauben sicher nicht mehr Jugendliche an die Jungfrauengeburt als vorher", sagt er. Dennoch lohnten sich nicht Großveranstaltungen für die Kirchen. Ob sie ein Modell für die Zukunft sind? Barz: „Events sind eine zeitgemäße Form für die Kirche, um im Leben der Menschen einen Platz zu bewahren".

Das nächste Großereignis steht der evangelischen Kirche im kommenden Jahr ins Haus. Vom 6. bis 10. Juni 2007 findet der Kirchentag in Köln statt.
(epd)