Krisensitzung der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf

Entwicklungsorganisationen kritisieren Haltung Deutschlands

Der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Pascal Lamy, hat kurz vor Beginn eines Krisentreffens der Handelsminister in Genf zu Kompromissen aufgerufen. Die EU, die USA und führende Entwicklungsländer müssten mehr Zugeständnisse in der laufenden Welthandelsrunde machen, sagte Lamy am Mittwoch in Genf.

 (DR)

Der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Pascal Lamy, hat kurz vor Beginn eines Krisentreffens der Handelsminister in Genf zu Kompromissen aufgerufen. Die EU, die USA und führende Entwicklungsländer müssten mehr Zugeständnisse in der laufenden Welthandelsrunde machen, sagte Lamy am Mittwoch in Genf. Ohne Bewegung der drei großen Handelsblöcke drohe die gesamte Runde zu scheitern. Entwicklungsorganisationen kritisierten die Position der Bundesregierung und der EU-Kommission.

Entwicklungsländer müssten Märkte für Industriegüter weiter öffnen
Die EU und die USA sollten laut Lamy den Schutz für ihre Landwirte lockern, während die Entwicklungsländer ihre Märkte für Industriegüter weiter öffnen müssten. Lamy sagte, die WTO-Verhandlungen müssten wegen innenpolitischer Unwägbarkeiten in den USA in diesem Jahr beendet werden. Im nächsten Jahr läuft eine Handelsvollmacht aus, die es Präsident George W. Bush erleichtert, ein mögliches neues Handelsabkommen durch den Kongress zu bringen.

Seit 2004 keinen Fortschritt der Verhandlungen
Die WTO erwartet mehrere Dutzend Minister zu dem mehrtätigen Krisentreffen. Den Angaben zufolge beginnen die formalen Gespräche am Freitag und könnten bis Montag dauern. Die Minister sollen die 2001 in Doha, Katar, begonnene Runde wieder in Gang bringen. Seit Juli 2004 haben die zerstrittenen 149 WTO-Mitglieder keinen substanziellen Fortschritt erzielt. Auch der Welthandelsgipfel im Dezember 2005 in Hongkong enttäuschte die Erwartungen. Ursprünglich sollte die Runde, die besonders den Anliegen der Entwicklungsländer Rechnung tragen sollte, 2004 beendet sein.

Entwicklungsländer müssten Zölle wesentlich stärker senken
Entwicklungsorganisationen erklärten in Berlin, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teile die harte Position der EU-Kommission, dass die Entwicklungsländer ihre Zölle prozentual wesentlich stärker als die Industrienationen senken müssten. Dadurch verlören Länder in Asien, Afrika und Südamerika wichtige Zolleinnahmen und die Chancen, ihre aufkeimende eigene Industrie zu schützen.

„Deutschland exportiert Armut"
Marita Wiggerthale von Oxfam warnte vor Entlassungen und Fabrikschließungen in Entwicklungsländern. «Deutschland exportiert damit Armut», betonte auch Roland Süß von attac. Zu den Industriegütern zählen bei der WTO auch Produkte aus Wäldern und Meeren. Solange es keine nachhaltige Waldwirtschafts- und Fischereipolitik gebe, schützten Zölle bis zu einem gewissen Grad vor weiterem Raubbau, erläuterte Jürgen Knirsch von Greenpeace.

Tobias Reichert von der Organisation Germanwatch vertritt die Interessen der Entwicklungsländer.