Internationale Appelle zum Weltflüchtlingstag

Verschlechterungen des Flüchtlingsschutzes geplant?

Mehr als 40 Millionen Menschen sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR weltweit auf der Flucht. Die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge und Vertriebenen lebe in Entwicklungsländern in Afrika und Asien, heißt es auf einer am Dienstag zum Weltflüchtlingstag vorgestellten Internetseite des UNHCR.

 (DR)

Mehr als 40 Millionen Menschen sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR weltweit auf der Flucht. Die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge und Vertriebenen lebe in Entwicklungsländern in Afrika und Asien, heißt es auf einer am Dienstag zum Weltflüchtlingstag vorgestellten Internetseite des UNHCR. Dort informiert das Hilfswerk vor allem über die Lage von Flüchtlingen in Afrika, die mehrheitlich in Lagern lebten. Benutzer können in Bildern, Texten und einem Film etwas über die verschiedenen Hilfmaßnahmen erfahren, die dort innerhalb von 24 Stunden geleistet werden.

Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) und Hilfsorganisationen haben einen besseren Schutz für Flüchtlinge im In- und Ausland gefordert. Wieczorek-Zeul verlangte in Berlin stärkere internationale Anstrengungen für eine Lösung der Krise im Darfur. Dort müssten wegen fortgesetzter Kämpfe immer noch mehr als zwei Millionen Menschen in Flüchtlingslagern leben, sagte sie. Der Ausbruch von Cholera habe die Lage noch verschärft.

amnesty international (ai) und "Pro Asyl" warfen der Bundesregierung in einer gemeinsamen Erklärung vor, sie entziehe Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten ihren Status und plane weitere gesetzliche Verschlechterungen des Flüchtlingsschutzes. Der Migrationsausschuss der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zeigte sich über die steigende Zahl von bei ihrer Flucht nach Europa getöteten Migranten besorgt. Zudem habe sich in Europa ein zwischenstaatlicher Wettbewerb um das schärfste Asylrecht entwickelt.

Besorgnis über Osttimor
Das Bischöfliche Hilfswerk Misereor forderte die internationale Gemeinschaft auf, mehr zur Stabilisierung der Lage auf Osttimor zu tun. Zehntausende Menschen seien dort vor marodierenden Banden auf der Flucht. Nach dem Abzug der indonesischen Truppen 1999 habe das kurze Engagement der UNO nicht ausgereicht, um ein funktionierendes Gemeinwesen zu schaffen. Es bedürfe nun enormer langfristiger Anstrengungen, um die Spirale der Gewalt zu durchbrechen, erklärte Misereor in Aachen.

amnesty international (ai) und "Pro Asyl" hielten der Bundesregierung vor, die wegen der Umsetzung von EU-Richtlinien notwendige Änderung des Zuwanderungsgesetzes zu Ungunsten von Flüchtlingen zu verändern, etwa bei der Heraufsetzung des Familiennachzugsalter von 18 auf 21 Jahre. Außerdem sollen nachziehende Ehepartner vor der Einreise Deutsch lernen und entsprechende Kenntnisse nachweisen müssen. "Dies ist absurd", sagte ai-Flüchtlingsreferentin Julia Duchrow. "Wie soll die mittellose Ehefrau eines tschetschenischen Flüchtlings im zerstörten Grosny Deutsch lernen?"

Bleiberecht für langjährig Geduldete
ai und Pro Asyl kritisierten darüber hinaus das Vorgehen des Bundesamtes für Migration und Flucht (BAMF): Flüchtlingen aus Afghanistan, dem Irak und Angehörigen von Minderheiten aus dem Kosovo werde der Flüchtlingsstatus entzogen, obwohl sie nicht abgeschoben werden könnten. "Damit verlieren diese Menschen soziale Sicherheiten wie ihren Arbeitsplatz", hieß es. amnesty und Pro Asyl forderten darüber hinaus eine Bleiberechtsregelung für die mit einer Duldung in Deutschland lebenden Flüchtlinge; es handele sich um 200.000 Menschen, darunter seien 130.000 seit mehr als fünf Jahren im Land.

Der Migrationsausschuss der Parlamentarischen Versammlung des Europarats erklärte in Straßburg, die Zahl der Flüchtlinge in Europa sei im vergangenen Jahr um 15 Prozent gesunken. Dies sei einerseits einer verbesserten Lage in den Herkunftsländern, andererseits aber größerer Abschottung der "Festung Europa"
geschuldet. Besorgnis erregend sei, dass die Migrationspolitik wieder stärker auf Inhaftierung setze. Zudem verletzten die Einschränkungen, die für Migranten in Europa gelten, deren Würde.

Internationale Hilfe für Flüchtlinge gefordert
Politik und Flüchtlingsorganisationen haben zum Weltflüchtlingstag am Dienstag besseren Schutz und langfristige Hilfen für Migranten gefordert. UNO-Generalsekretär Kofi Annan verwies auf seelische und körperliche Verletzungen, unter denen Flüchtlinge oft Jahre lang litten. Auch wenn die Zahl der aus ihrer Heimat Geflohenen auf den niedrigsten Stand seit 25 Jahren gefallen sei, müsse jeder die Hilfe bekommen, die er benötige. (KNA)
Martin Stark, Leiter des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes fordert, Asylbewerber sollen gar nicht mehr inhaftiert werden.

Am Weltflüchtlingstag hat UNICEF vor einem Massensterben in der sudanesischen Bürgerkriegsregion Darfur gewarnt. Ohne erhebliche internationale Hilfe seien die Flüchtlinge in den kommenden Monaten schutzlos Hunger und Krankheiten ausgeliefert, erklärte das UN-Kinderhilfswerk am Dienstag in Berlin.
Trotz Friedensabkommens zwischen Rebellen und Regierung nehme die Gewalt weiter zu. Wegen fehlender Gelder könnten die Hilfsorganisationen derzeit jedoch nur noch 50 Prozent der fast zwei Millionen Flüchtlinge versorgen. UNICEF fürchtet, dass weitere hunderttausende Menschen sterben müssen.
Marina Peter, Sudanexpertin des internationalen Weltkirchenrates, zur Lage der Flüchtlinge und der Arbeit der Hilfsorganisationen in den Krisenregionen.