Kolumba - das Kunstmuseum des Erzbistums Köln

Spannung bis zum Schluss

Der Neubau strahlt. Die hellen, schmalen Ziegel, eigens für Kolumba geschaffen, leuchten im Sonnenschein. Auch unter Wolkenhimmel wirken sie noch licht und hell. Hoch oben durchbrechen nur wenige große Fenster die Fassade. Die gotischen Reste der kriegszerstörten Kirche Sankt Kolumba sind sensibel in die Backsteinwand einbezogen. Klare Kanten schließen das neue Domizil des Kölner Diözesanmuseums ab - ein Ruhepol mitten in der Stadt ist entstanden. Was die Besucher erwartet, erzählt das Museumsteam schon heute im domradio.

 (DR)

Die Kunstwelt wartet mit Spannung darauf. Denn Museumsdirektor Joachim Plotzek hat beschlossen, den nach der heiligen Märtyrerin Kolumba von Sens aus dem 3. Jahrhundert benannten Bau erst zu öffnen, wenn das letzte Exponat an Ort und Stelle steht. "Es hat keinen Sinn, über Jahre ein Museum zu planen und es der Öffentlichkeit dann als leere Hülle zu übergeben", sagt Kurator Stefan Kraus. Architektur, Ort und Sammlung stünden nicht für sich, sondern seien ein Dreiklang. "Wir wollen niemandem die Erfahrung nehmen, den Dreiklang beim ersten Betreten zu erleben."

So verraten die Museumsmacher auch noch nicht, welche Werke aus der reichen Museumssammlung - sie umfasst mehrere 10.000 Objekte von der Antike bis zur Gegenwart - die Besucher zur Eröffnung zu sehen bekommen. Ebenfalls ein Geheimnis des rund 36,8 Millionen Euro teuren Bauprojekts, für das das Erzbistum Köln jahrelang gespart hat, bleibt die Innenausstattung. Auch diese hat Zumthor gestaltet - bis hin zu Vitrinen, Türgriffen, Sitzmöbeln und Holzständern für die Kunstwerke. Vor lauter Vorfreude geben Plotzek und Kraus dann doch etwas über ihr Ausstellungskonzept
preis: Wichtige Arbeiten der Sammlung werden einen festen Platz im Haus erhalten. Andere Werke werden regelmäßig ausgewechselt und "um die Hauptwerke rotieren", wie Kraus es formuliert.

Einen Dauerplatz bekommen etwa die "Madonna mit dem Veilchen" von Stefan Lochner, ein romanisches Elfenbein-Kruzifix, das Erper Kreuz aus dem 12. Jahrundert und die Blattgold-Wand "Bürgerliche Tragödie" von Jannis Kounellis von 1975. Die Beschriftungen neben den Werken will Plotzek wie im alten Gebäude am Roncalliplatz weglassen. Auch in Zukunft will er Kunst aus verschiedenen Jahrhunderten und Gattungen miteinander konfrontieren.

"Der Bau hat die Klarheit, die wir uns gewünscht haben", sagt Plotzek strahlend und weist nach oben. "Sehen Sie nur die Kanten, sie wirken heiter, nicht trutzig oder scharf." Tatsächlich hat Zumthor dem Jahrzehnte darniederliegenden Ort zwischen Kolumba-, Brücken- und Ludwigstraße neuen Glanz verliehen. Die Nachbargebäude - darunter das Dischhaus von 1930, das bis heute modern wirkt - haben einen Mittelpunkt erhalten. Im Osten des Museums bekommt Köln mit dem Kolumbahof einen frisch bepflanzten intimen Platz, eine Seltenheit in der Domstadt. "Wir wollten einen Bau, der zum Verweilen einlädt und nicht zum Durchhechten", erläutert Kraus. "Das Museum soll ein ruhiger Ort der Begegnung mit Kunst und Geschichte werden".

Die Geschichte lässt auch Zumthor sprechen. Er nimmt den historischen Grundriss der Vorgängerkirche auf. Deren Grundmauern waren in den 1970er Jahren gefunden worden; ihr Ursprung reicht in die Römerzeit zurück. Der höchste Gebäudeteil steht heute dort, wo sich einst der romanische Turm befand. Die Fensterbögen der gotischen Ruine gehen an der Seitenwand fast fließend in den Backstein über. Auch die Kapelle "Madonna in den Trümmern", die Gottfried Böhm 1950 errichtete, hat sein Schweizer Kollege integriert. Sie bleibt mit eigenem Eingang erhalten. Das Oktogon der Kapelle ragt ins Museum hinein. Ebenso ungewöhnlich: Zumthor hat die archäologische Grabungsfläche ins Museum integriert, die das Areal bis zum Baubeginn 2003 prägte.

Zurück im alten Museumsgebäude am Roncalliplatz, das seit dem Einzug 1972 stets als Provisorium galt: Umzugskartons und Decken türmen sich neben Seidenpapier-Stapeln und Plastikhüllen. Viele Werke befinden sich bei Restauratoren. Ein Mittelalter-Kreuz ist auf einem Le Corbusier-Sessel zwischengelagert und wartet auf den Abtransport. Der Drechsler hat soeben einen kleinen Sockel aus Ahornholz gebracht; er soll im Neubau einen bedeutenden Kelch des 12. Jahrhunderts in Niello-Technik stützen. Viel Detailarbeit liegt in den nächsten Wochen vor den Museumsmachern. Sie haben eine Ausstellungsfläche zu füllen, die mit 1.600 Quadratmeter vier Mal so groß ist wie zuvor. Plotzek scheint das nicht zu schrecken. Die Vorfreude blitzt in seinen Augen, als er die weißen Wollhandschuhe überstreift, Kelch und Sockel vorsichtig aufeinander bringt und feststellt, dass sie perfekt passen.

Nach elf Jahren Planungs- und Bauzeit wird das Gebäude des Schweizer Architekten Peter Zumthor am 14. September feierlich eingeweiht.

Von KNA-Redakteurin Viola van Melis